27. Juli 2009

Marginalie: Dienstwagen-Affäre? Ich sehe keine

Diesem Wahlkampf fehlt es bisher an Themen. Also holt die SPD das Thema AKW aus der Mottenkiste; nur kann sie mit diesem verstaubten Wullewatz niemanden mehr schrecken. Also stürzen sich jetzt Opposition und CDU gleichermaßen auf das, was sie gern zu einer "Dienstwagen- Affäre" machen würden.

Kommunisten und solche, die es einmal waren, scheinen allerdings eine Vorliebe für schnieke, schwere Limousinen zu haben; vielleicht ein kleines Stücklein vorweggenommenen Nomenklatura- Daseins.

Sarah Wagenknecht (früher SED, jetzt "Die Linke") ließ sich im Wahlkampf in einem Audi A8 mit Chauffeur durch die Lande fahren. Jürgen Trittin (früher Kommunistischer Bund, jetzt "Die Grünen") hatte als Minister einen Audi A8 sowie einen Volkswagen Phaeton als Dienstwagen zur Verfügung.

Und die Ministerin Ulla Schmidt (früher Kommunistischer Bund Westdeutschlands, jetzt SPD) benutzt, so ist es zu lesen, wohl einen Mercedes der S-Klasse als Dienstwagen; die Bezeichnung "Luxuslimousine" scheint da nicht verkehrt. Oder vielmehr: Sie benutzte ihn, bevor er abhanden kam und damit den jetzigen Trouble auslöste.

Es war übrigens ein Sondermodell, die gepanzerte Ausführung. Es könnte ja sein, daß erboste Ärzte ihn mit Mullbinden bewerfen.

Bisher gab es diesen Versuch wohl nicht. Aber erboste Ärzte, die offenbar nur auf eine Gelegenheit warteten, schlossen sich bereitwillig denen an, die jetzt unisono auf die Ministerin eindreschen. Der Präsident der "Freien Ärzteschaft", Martin Grauduszus, laut "Spiegel- Online": "Eine Ministerin, die nicht müde wird, auf angeblich korrupte Ärzte hinzuweisen, kann es sich keinesfalls erlauben, auch nur einen Hauch des Verdachts auf Missbrauch von Steuergeldern auf sich zu ziehen".

Peng! Da ist sie, die Retourkutsche. Und da sind die Äußerungen der Wahlkämpfer ringsum. Aber was ist Ulla Schmidt vorzuwerfen? Exakt nichts.

Es gelten die "Richtlinien der Bundesregierung gemäß § 52, Satz 2, Bundeshaushaltsordnung vom 2. Juli 1975 in der Fassung vom 14. Mai 1976". Danach werden Minister und Staatssekretäre als immer im Dienst betrachtet; sie haben "Dauerdispositionsbefugnis über ihr Dienstkraftfahrzeug".

Private Nutzung muß allerdings selbst bezahlt werden. Es gibt bisher keinen Hinweis darauf, daß Ulla Schmidt das unterlassen hätte. Mag sein, daß noch etwas herauskommt, das ihr vorgeworfen werden kann. Das, was bisher bekannt wurde, ist jedenfalls nicht vorwerfbar.

Nur heiße Luft, hineingepumpt in einen Wahlkampf, der bisher vor sich hin schlappt.



Nachtrag am 28.7., 10.30: Als ich den Artikel schrieb, lag eine Mitteilung des Ministeriums von Ulla Schmidt vor: "Bei privaten Fahrten wird das selbstverständlich gemäß den Bestimmungen auch privat abgerechnet". Darauf hatte ich mich mit der Aussage "Private Nutzung muß allerdings selbst bezahlt werden" bezogen.

Inzwischen haben Journalisten sich die einschlägigen Bestimmungen besorgt, und es stellte sich heraus, daß Bundesminister, anderes als ihre Beamten, für die private Nutzung ihrer Dienstfahrzeuge gar nichts zahlen. Sie müssen lediglich den geldwerten Vorteil versteuern.

Jetzt darf man gespannt sein, ob Ulla Schmidt Zahlungen leistet, die in den Bestimmungen gar nicht vorgesehen sind (wenn ja, wie wird das dann verbucht?), oder ob man in ihrem Ministerium die Bestimmungen über die Nutzung von Dienstfahrzeugen nicht kennt.



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