20. November 2012

Marginalie: Blackout in diesem Winter? Energiepolitik nach Art der Jäger und Sammler

Wieder gibt es Warnungen von Netzbetreibern, daß es in diesem Winter zu Blackouts kommen kann, zu Zusammen­brüchen des deutschen Stromnetzes. Man versucht dem im Augenblick vorzubeugen, indem man alles an konventionellen Kraftwerken als Reserve mobilisiert, was irgend zu bekommen ist. Sogar Kraftwerke in Österreich sind von dem in Deutschland tätigen Netzbetreiber Tennet sicherheitshalber unter Vertrag genommen worden.

Ob das reichen wird, weiß niemand. Es hängt halt von den Launen des Wetters ab. Davon, wie kalt es dieses Jahr werden wird, einerseits; wie groß also die Nachfrage nach Strom sein wird. Andererseits davon, wie sonnig und wie windig es wird; wie groß also das Angebot an Strom sein wird.

Noch ist es recht warm, die Nachfrage also nicht ungewöhnlich. Aber - berichtet Daniel Wetzel - auf der Angebotsseite war es in den vergangenen Tagen schon mau. Am Montag letzter Woche beispielsweise gab es selbst zur Mittagszeit nur noch ein Fünftel des Solarstroms, den die vorhandenen Photovoltaik-Anlagen nominell produzieren; schon ab 16 Uhr ging das gegen Null. Und auch der Strom aus Windenergie lieferte nur die Hälfte des für diesen Tag erwarteten Aufkommens; 1600 Megawatt statt 3000 am Nachmittag.

So ist das eben, wenn der Mensch den Launen der Natur ausgesetzt ist.



Denn mit der "Energiewende" sind wir auf das Niveau der Jäger und Sammler zurückgefallen.

Warum eigentlich wurde der Mensch seßhaft, vor rund zehntausend Jahren; nachdem doch die Altvorderen über einige hundert Jahrtausende als Jäger und Sammler ganz gut gelebt hatten? Warum unterzog man sich statt des fröhlichen Jagens der Mühen von Ackerbau und Viehzucht?

Im einzelnen waren, wie auch anders, die Ursachen für diese neolithische Revolution verschieden; auch gibt es, wie anders, unterschiedliche Theorien darüber, was die hauptsächliche oder die eigentliche Ursache gewesen sein mag. Relativ sicher aber ist, daß Beständigkeit eine bedeutende Rolle spielte, als die ersten Menschen begannen, Äcker zu bebauen und Tiere zu züchten.

Wer jagt und sammelt, der hat reichlich, wenn ihm das Jagd- und Finderglück hold ist. Er muß aber hungern, wenn es an Wild mangelt und der Wald wenig hergibt.

Wer Äcker bebaut und Herden züchtet, der hat zwar keine perfekte, aber doch eine weitaus bessere Kontrolle über die Nahrungsmittel, die ihm zur Verfügung stehen. Um ein Schwein zu schlachten, bedarf es keines Jagdglücks. Wer seßhaft ist und Getreide anbaut, der kann Vorräte für schlechte Zeiten anlegen.

Damit begann die Emanzipation des Menschen, die unsere Abhängigkeit von der Natur nach und nach immer weiter reduziert hat. In beheizbaren Häusern hat man es warm, auch wenn es draußen kalt ist. Erst Fackeln, dann Kerzen, schließlich Gas- und Elektroleuchten machten, wie man so sagt, die Nacht zum Tage.

Und so ging das fort, über die Jahrhunderte; bis in unsere Tage, wo nachgerade das gesamte Leben "elektrifiziert" ist und wir uns damit von der Natur unabhängig gemacht haben. Denn die Erzeugung von Strom war ja unabhängig von deren Launen. Produziert wurde nach Bedarf; so, wie der Bauer nach Bedarf Getreide anbaut und Vieh züchtet.

Das ist nun vorbei, jedenfalls in der Aussteigernation Deutschland. Wir sind, was unsere Versorgung mit Strom und damit die Aufrecherhaltung geordneter Lebensumstände angeht, wieder so weit wie einst die Jäger und Sammler. Mal gibt uns die Natur reichlich, mal knausert sie.



Nach einer heute vom "Handelsblatt" zitierten Untersuchung des Prognos-Instituts wird es mit der deutschen Stromversorgung in den kommenden Jahrzehnten immer schwieriger werden. Im Jahr 2020 wird eine Kapazität von 8.000 Megawatt fehlen. 2025 sind es bereits 19.000 Megawatt und 2030 schon 27.000 Megawatt, die zu wenig produziert werden. Das wäre etwa ein Drittel dessen, was an Spitzenzeiten verbraucht wird ("Spitzenlast").

Die Ursache ist einfach: Scheint die Sonne kräftig und braust der Wind, dann sinken die Strompreise so, daß konventionelle Stromerzeugung nicht mehr rentabel ist. Im Schnitt ist mit konventionellen Kraftwerken dadurch immer weniger Geld zu verdienen. Also werden sie stillgelegt, werden keine neuen gebaut. Jedenfalls, solange noch so etwas wie eine freie Energiewirtschaft existiert.

Vielleicht gab es etwas Vergleichbares ja auch während der neolithischen Revolution: Wenn einmal große Gazellenherden vorbeizogen, dann waren die Jäger im Vorteil, und die mühsam ihre Rinder züchtenden Seßhaften standen schlecht da. Auf Dauer aber ging es den Viehzüchtern besser, die Fleisch selbst produzierten, statt es als Geschenk der launischen Natur entgegenzunehmen.

Und keine von oben verordnete Fleischwende hinderte sie daran.



Siehe auch:

  • Zusammenbruch erwartet. Das Stromnetz als Mastgans. Wie man aus Glauben Geld macht; ZR vom 28. 2. 2011

  • Alarmstufe "gelb". Die "Energiewende" bringt das Stromnetz an den Rand des Zusammenbrechens; ZR vom 3. 4. 2012

  • Vor dem Blackout; ZR vom 10. 9. 2012

  • Die ernüchternden Fakten zur Offshore-Windenergie. Nebst einer Erinnerung an George Dandin; ZR vom 18. 9. 2012
  • Zettel



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