20. Mai 2016

Glücksritter in Neuland

Seit 1964 und der Gründung der Stiftung Warentest gibt es organisierte Verbraucherschützer in Deutschland. Inzwischen auch mit zahlreichen Verbänden auf Landes- und Bundesebene. Und wie es sich für ordentliche deutsche Nicht-Regierungs-Organisationen gehört, wurden sie von der Regierung gegründet und seitdem finanziert.

Über die Jahre haben sie sich mit braver und zuverlässiger Testarbeit von Waschmaschinen oder Transistorradios eine ordentliche Reputation erarbeitet. Und dafür gesorgt, daß Haushaltsgeräte etc. inzwischen so sicher und zuverlässig sind, daß weitere Tests nicht mehr viel bringen.
Und inzwischen gibt es ja auch das Internet, das mit seinen Bewertungs- und Empfehlungsportalen zur Hauptinformationsquelle der Verbraucher geworden ist und die klassischen Verbraucherzentralen in die Nische gedrängt hat.

Die Notwendigkeit von hauptamtlichen Verbraucherschützern und der staatlichen Förderung ist daher längst zweifelhaft geworden. Es droht nach dem Bedeutungsverlust auch der Existenzverlust, wenn sich nicht neue Aufgabengebiete finden lassen.
Zum Glück für die gefährdeten Funktionäre bietet das Internet aber auch Chancen. Schließlich gilt das in der Politik als völlig gesetzloses Neuland, in dem unschuldige Bürger beständig Gefahren ausgesetzt sind. Insbesondere durch pöse ausländische Konzerne. Womit man beim "Verbraucherschutz" taktisch geschickt die üblichen anti-marktwirtchaftlichen und anti-amerikanischen Vorurteile nutzen kann.
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So klagen die "Verbraucherschützer seit einiger Zeit gegen alles, was nicht bei Drei auf dem Baum ist.
Gegen Facebook zu klagen ist schon länger beständige Übung, nun geht es auch gegen WhatsApp.

Zwei Umstände helfen den Glücksrittern der "Verbraucherschutzverbände" bei der Absteckung ihrer neuen Claims:
Sie haben vom Gesetzgeber ein besonderes Privileg bekommen, das "Verbandsklagerecht". Wobei der Name irreführend ist - schon immer konnte ein Verband die Interessen seiner Mitglieder vertreten und für diese klagen. Aber Verbraucherschutzverbände (und diverse andere privilegierte Lobbies) dürfen auch dann klagen, wenn sie oder ihre Mitglieder überhaupt nicht betroffen sind. Die Fiktion dabei ist, daß sie stellvertretend für irgendwelche Verbraucher klagen, ohne daß diese etwas davon wissen oder gar einen Auftrag erteilt haben.

Da es nun "die Verbraucher" überhaupt nicht gibt, sondern jeder Nutzer ganz unterschiedliche Vorstellungen und Interessen hat, können die "Verbraucherschutzverbände" also völlig willkürlich selber festlegen, was gefälligst gut für den Bürger sein soll.

Und zweitens fühlt sich das deutsche Rechtssystem traditionell dafür zuständig, die Welt am deutschen Rechtswesen genesen zu lassen. Wenn also ein deutscher Verbraucher ein Angebot nutzt, fühlen sich deutsche Gesetzgeber zuständig - auch wenn es ein ausländischer Anbieter ist.
Jedenfalls dann, wenn das Angebot über Internet verfügbar ist. Völlig egal ob eine US-Firma nach US-Recht völlig einwandfrei arbeitet - sobald ein Deutscher auf das Angebot klickt, erwartet die deutsche Politik und Justiz, daß das Angebot auf deutsches Recht umgearbeitet wird.

Da die wenigsten ausländischen Anbieter auf solche absurden Forderungen eingehen kann das in letzter Konsequenz dazu führen, daß Deutsche diese Angebote nicht mehr nutzen können. Das ist dann "Schutz" in höchster Vollendung. Was besonders bei den verbreiteten kostenlosen Angeboten ziemlich absurd ist.

Die Nutzung dieser Angebote ist freiwillig. Jeder Bürger kann selber entscheiden, ob er sich den angeblichen Risiken des US-Rechtssystems aussetzen will oder nicht. Es gibt keinen legitimen Grund, daß sich deutscher "Verbraucherschützer" oder Gerichte hier einmischen.

R.A.

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