26. Februar 2007

"... die Ziele der RAF nach wie vor für richtig"

Ich war wohl etwas naiv gewesen, als ich damit rechnete, daß die Medien mit einer politisch motivierten Massenmörderin so verfahren würden wie mit, sagen wir, Politikern der NPD: Sie ignorieren, sie nicht zu Interviews und Talkshows einladen. Weil es nicht zu verantworten ist, solchen Menschen, solchen politischen Einstellungen auch noch eine Plattform in der Öffentlichkeit zu geben.

Aber es scheint, daß die Mörderin Brigitte Mohnhaupt unseren Medien als präsentabler gilt als der NPD-Vorsitzende Voigt; dieser ein Dummkopf, aber ja kein Verbrecher. Brigitte Mohnhaupt eine Verbrecherin von ungewöhnlicher krimineller Energie. Ohne Reue, soweit erkennbar, soweit geäußert.
Die Ex-Terroristin Brigitte Mohnhaupt, die nach 24 Jahren Haft voraussichtlich am 27. März auf Bewährung freikommt, ist äußerst gefragt. Ihr Anwalt Franz Schwinghammer sagte dem "Tagesspiegel" laut Vorabbericht: "Bei mir stapeln sich um die 100 Anfragen von Medien aus dem In- und Ausland."
So ist es in Welt-Online zu lesen.

Und im gleichen Artikel erfährt man etwas darüber, wie der Terrorist Dellwo (nein, kein Ex-Terrorist - es gibt ja auch keine Ex-Mörder und Ex-Opfer) seine kriminelle Vergangenheit sieht:
"Da sind dann einfach Sachen passiert, was wir als revolutionären Kampf bezeichnet haben, von denen ich sagen würde im Nachhinein, da ist vieles schlicht und einfach nicht legitim gewesen"
Also, man hat offenbar nicht immer richtig gemordet, so wie es eigentlich hätte sein sollen. Denn, heißt es weiter in dem Artikel:
Dellwo bekräftigte, er halte die damaligen Ziele der RAF nach wie vor für richtig.


Welches waren diese Ziele? Man kann das nachlesen. Zum Beispiel hier:
Wir behaupten, daß die Organisierung von bewaffneten Widerstandsgruppen zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik und Westberlin richtig ist, möglich ist, gerechtfertigt ist. Daß es richtig, möglich und gerechtfertigt ist, hier und jetzt Stadtguerilla zu machen. Daß der bewaffnete Kampf als "die höchste Form des Marxismus-Leninismus" (Mao) jetzt begonnen werden kann und muß, daß es ohne das keinen antiimperialistischen Kampf in den Metropolen gibt. (...)

Eine Führungsrolle der Marxisten-Leninisten in zukünftigen Klassenkämpfen wird es nicht geben, wenn die Avantgarde selbst nicht das Rote Banner des Proletarischen Internationalismus hochhält und wenn die Avantgarde selbst die Frage nicht beantwortet, wie die Diktatur des Proletariats zu errichten sein wird, wie die politische Macht des Proletariats zu erlangen, wie die Macht der Bourgeoisie zu brechen ist, und durch keine Praxis darauf vorbereitet ist, sie zu beantworten. Die Klassenanalyse, die wir brauchen, ist nicht zu machen ohne revolutionäre Praxis, ohne revolutionäre Initiative. (...)

Wir sagen: Die politischen Möglichkeiten werden solange nicht wirklich ausgenutzt werden können, solange das Ziel, der bewaffnete Kampf, nicht als das Ziel der Politisierung zu erkennen ist (...)
Dies sind Zitate aus dem programmatischen Text der RAF "Das Konzept Stadtguerrilla". Das waren die Ziele, die Karlheinz Dellwo "nach wie vor für richtig" hält.



Mir scheint, daß viele, die das damals nicht miterlebt haben und/oder die die Absichten dieser Leute nicht ihren Texten entnommen haben, noch immer romantische Vorstellungen vom Terrorismus der siebziger Jahre haben.

Diese Leute wollten einen Bürgerkrieg entfachen. Sie haben die hundertausende Tote gewollt, die es ja unweigerlich gegeben hätte, wenn sie ihren "bewaffneten Kampf", also einen deutschen Bürgerkrieg zwischen einer kommunistischen Roten Armee und der regulären Polizei und Armee, hätten Wirklichkeit werden lassen können.

Sie waren nicht nur einfache Massenmörder, sondern sie waren Politverbrecher, die sozusagen das Glück hatten, die Massenverbrechen nicht realisieren zu können, die sie sich ausmalten. Sie wollten Verhältnisse herbeiführen, wie sie im Krieg zwischen den Roten und den Weißen in Rußland, wie sie im Spanischen Bürgerkrieg herrschten. Sie wollten Deutschland in ein Blutbad stürzen.

Das war keine "Spaßguerilla"; das waren keine "irregeleiteten Idealisten". Es waren Leute in der Tradition Lenins, der SS, von Mao.



Wenn man ihnen jetzt in den Medien Gelegenheit gibt, sich zu erklären, sich zu rechtfertigen - warum hat man denn den KZ-Mördern, den SS-Schergen diese Gelegenheit nicht gegeben? Historisches Interesse hätte ja auch damals bestanden.