6. Mai 2007

Marginalie: Mörder trifft Präsidenten

"Getroffen" hat der Serienmörder Klar den Bundespräsidenten glücklicherweise nicht, wie einige Agenturen melden; aber er hat sich offenbar mit ihm getroffen.

Was freilich auch seltsam klingt - ein Mörder "trifft" sich eigentlich mit einem Präsidenten nicht, oder umgekehrt. Sondern allenfalls könnte ein Präsident, der über ein Gnadensuch zu entscheiden hat, den Mörder vorladen oder vorführen lassen, um sich von ihm ein Bild zu machen.

Ihn vorladen natürlich ins Präsidialamt; wohin sonst? Köhler allerdings ist eigens nach Süddeutschland gereist, wie gemeldet wird, um sich mit dem Mörder zu treffen.



Seltsam, ungewöhnlich, ein wenig stillos. Ob der Präsident bei jedem Mörder, der um Gnade bittet, eine Reise unternimmt, um sich mit ihm zu treffen?

Andererseits ist dieser eigenwillige Stil wohl Ausdruck der, sagen wir, trotzigen Selbständigkeit, mit der Köhler sein Amt führt. Etwas zu trotzig freilich, zu verkrampft, zu sehr diese Souveränität hervorkehrend, um wirklich souverän zu wirken.



Wie wird der Präsident entscheiden? Wäre Carstens oder Weizsäcker, wäre Heinemann oder Herzog, wäre einer der wirklich souveränen Präsidenten zu einem Mörder hingefahren, um sich mit ihm zu treffen, dann wäre das ein klares Signal gewesen, daß er ihn begnadigen will.

Aber bei Köhler bin ich da nicht so sicher. Vielleicht will er seine Souveränität zuerst durch diese Geste demonstrieren und dann dadurch, daß er gerade nicht das macht, was sie andeutet. Es würde seinem Stil entsprechen.



Wie immer er entscheidet: Wir haben das zu respektieren. Wenn jetzt Politiker glauben, ihren Beitrag abliefern zu dürfen oder zu sollen oder gar zu müssen - dann haben sie offenbar die Gewaltenteilung nicht verstanden.

Köhler ist der Gnadenherr. Es liegt im Wesen der Gnade, daß sie nicht begründungsfähig ist. Schon gar nicht haben Politiker sich in das einzumischen, was ein originäres Recht des Präsidenten ist.