10. Juni 2007

Wie alt sind eigentlich Astronauten?

Sieben Astronauten sind an Bord der "Atlantis", die sich im Augenblick auf dem Flug zur ISS befindet. Was schätzen Sie, wie alt sie sind, diese sieben Männer?

Der Jüngste ist 40 Jahre, der Älteste 53. Ihr Durchschnittsalter liegt bei knapp 47 Jahren. Nachzulesen im "Guardian".



Der erste russische Kosmonaut, Juri Gagarin, war bei seinem Flug 27 Jahre; der zweite, German Titow, war noch nicht einmal 26 Jahre. Die ersten beiden US- Astronauten waren, daran gemessen, alte Herren - Alan Shepard 37, John Glenn 39 Jahre.

Woher kam dieser Unterschied?

Er lag daran, daß die Russen ihre "Raumkapseln" des Typs "Wostok" wirklich wie Kapseln, also wie unbemannte Satelliten konstruiert hatten, in die sie lediglich statt Instrumente einen Menschen hineinsetzten.

Dieser hatte nahezu nichts zu tun, außer den Flug lebend zu überstehen, Fotos zu machen, ein Logbuch zu führen. (Bei Gagarins Flug waren sogar alle Möglichkeiten für einen Eingriff des Kosmonauten deaktiviert worden; er hatte allerdings einen verschlossenen Umschlag mit Instruktionen dabei, wie er sie im Notfall würde aktivieren können).

Also wählte man junge, gut trainierte und körperlich belastbare Männer aus; bald auch eine Frau, die noch nicht einmal Testpilotin gewesen war, sondern Textilarbeiterin und dann Ingenieur- Studentin: Valentina Tereschkowa, bei ihrem Flug 26 Jahre, die sich nur durch ihr Hobby, das Fallschirmspringen, qualifiziert hatte, durch ihre proletarische Vergangenheit und dadurch, daß ihr Vater im Krieg für das Vaterland der Werktätigen gefallen war.

Die USA hingegen sahen ihre "Mercury"- Kapseln mehr als Vorläufer von echten Raumfahrzeugen, bei deren Steuerung Piloten eine wichtige Rolle spielen würden (obwohl sich ein "Mercury" im Notfall auch von der Erde aus steuern ließ).

Also setzte man bei der Rekrutierung der Astronauten auf erfahrene Testpiloten. (Freilich entstand dieses Konzept - der Film "The right stuff" ("Der Stoff, aus dem Helden sind") zeigt das sehr schön - teilweise erst im Lauf der Zusammenarbeit der Ingenieure mit den sieben Astronauten der Ersten Generation).



Die damals alten Pioniere Shepard und Glenn wären für heutige Verhältnisse Youngsters unter den Astronauten. Wie kommt es, daß heute viele Astronauten in einem Alter sind, in dem sie kaum noch einen Düsenjäger fliegen dürften?

Es hat wohl zwei Gründe.

Zum einen sind die intellektuellen Anforderungen an die Astronauten immer mehr gestiegen. Die Astronauten des jetzigen "Atlantis"- Flugs sind erfahrene Piloten (der Kommandeur und der Kopilot) oder Wissenschaftler mit mindestens einem Master- Abschluß, teils promoviert.

Es braucht schlicht eine lange Ausbildung, um so weit zu kommen - einen akademischen Hintergrund, dann ein jahrelanges Training, eine Schulung in allem dem, was ein Astronaut wissen und können muß.

Und andererseits sind die körperlichen Anforderungen heute weitaus geringer als in den Anfängen der bemannten Raumfahrt.

Gagarin war - damals erfuhr man das natürlich nicht - ungeheuren körperlichen Belastungen ausgesetzt. Um Treibstoff zu sparen, wurde die Lage der Kapsel im Raum nicht stabilisiert; außer für die Phase der Zündung der Bremsraketen.

Sie trat in einer unvorhersagbaren Position in die Atmosphäre ein; der Kosmonaut hing, wenn er Pech hatte, entgegen der Bremsrichtung sozusagen an der Decke.

Gagarins Raumschiff torkelte beim Wiedereintritt wild, weil die Trennung von der Versorgungseinheit versagt hatte; sie löste sich erst, als die Drähte aufgrund der Reibung durchschmorten.

Die US-Astronauten hatten es (wie auch die Kosmonauten der späteren "Sojus"- Raumschiffe) etwas komfortabler; aber auch sie waren extrem belastet. Die "Mercury" war so klein, daß die Astronauten scherzten, man würde in sie nicht einsteigen, sondern sie anziehen.

Nicht viel mehr Bewegungsraum hatten die beiden Astronauten, die in den "Gemini"- Kapseln saßen. Zwei von ihnen - Frank Borman und Jim Lovell - verbrachten fast vierzehn Tage in dieser Sardinendose; auf der ersten US- Langzeit- Mission, "Gemini 7".

Nichts also für Herren im fortgeschrittenen Alter. Heute fliegt man vergleichsweise komfortabel ins All, und dort angekommen, hat man Bequemlichkeiten, von denen Gagarin, Glenn und Kollegen nur träumen konnten.

Wer vierzig oder fünfzig ist und fit, der kann das gut ertragen. Auch wenn Außenbord- Arbeiten (idiotischerweise "Weltraum- Spaziergang" genannt) sehr anstrengend sind.



Ist das Ende dieser Entwicklung erreicht? Wahrscheinlich fürs erste schon.

Denn solange man mit ballistischen Raketen fliegt, ist nun einmal eine hohe Anfangsbeschleunigung erforderlich. Und solange man so in die Atmosphäre eintritt wie jetzt - auf ihr sozusagen hüpfend, wie ein flacher Stein auf dem Teich, dabei die kinetische Energie in Wärme umwandelnd - , ist auch der Wiedereintritt nichts für Senioren.