10. September 2007

Marginalie: Amerikanische Toleranz, amerikanische Höflichkeit

Im Augenblick findet im US-Repräsentantenhaus die Anhörung von General Petraeus und Botschafter Crocker in einer gemeinsamen Sitzung des Auswärtigen und des Verteidigungs- Ausschusses statt.

General Petraeus hat gerade seine Aussage beendet; jetzt spricht Botschafter Crocker. Petraeus wurde mehrfach durch Zwischenrufer von den Zuschauerbänken unterbrochen. Zwischen seiner Rede und der des Botschafters gab es einen regelrechten Tumult, bis alle abgeführt waren.

Und nun das Erstaunliche: Diese Leute waren klar als potentielle Störer zu erkennen gewesen. Sie trugen Kleidung mit Parolen darauf, seltsamen Kopfschmuck, waren alle ziemlich einheitlich "uniformiert".

Undenkbar, daß eine solche Gruppe auf die Zuschauertribüne des Bundestags hätte gelangen können; noch dazu bei einer weltweit übertragenen Sitzung.

In den USA ist so etwas möglich. Der Vorsitzende ließ jeweils nur diejenigen aus der Gruppe abführen, die geschrieen hatten; die anderen durften bleiben und schrieen logischerweise später. Dadurch ergaben sich die wiederholten Unterbrechungen.



Eine erste Unterbrechung hatte es schon gegeben, bevor Petraeus mit seiner Aussage beginnen konnte: Sein Mikrofon versagte den Dienst; die Sitzung mußte für einige Minuten unterbrochen werden. Irgendwie paßte das in die plüschige Umgebung.

Überhaupt sind diese Sitzungen des Senats und des Repräsentantenhauses bzw. ihrer Ausschüsse auf eine sympathische Weise altmodisch.

Dazu gehört der höfliche Umgang der Abgeordneten und Senatoren miteinander. Niemand würde einen anderen persönlich angreifen, einen Zwischenruf machen, gar beleidigend werden.

Auch diejenigen Ausschuß- Mitglieder, die in ihren Eingangs- Statements scharfe Opposition zur Position von Petraeus deutlich machten, zollten diesem ihre Anerkennung als einem Staatsdiener, der mustergültig seine Pflicht tue und dafür Dank verdiene.



Was die Aussage von Petraeus angeht: Sie war positiver, als ich erwartet hatte. Unterfüttert mit vielen Statistiken, die die Fortschritte im Irak belegen.

Und die zumindest einem Teil der schon vorab geäußerten Kritik den Wind aus den Segeln nahmen. Beispielsweise war argumentiert worden, befriedet seien immer nur vorübergehend diejenigen Gegenden, in denen gerade Operationen der US-Armee stattfänden; die Aufständischen würden dann woanders hin ausweichen.

Die Statistiken zeigen aber eindeutig eine Beruhigung der Lage (weniger Zwischenfälle, weniger Opfer) im gesamten Irak. Wenn das auch nicht so drastisch ist wie in Anbar, wo die Zwischenfälle von mehr als tausend pro Monat auf inzwischen um die zweihundert zurückgingen. Die Verläufe, so zeigten die Grafiken, sind in den einzelnen Provinzen verschieden, zeigen aber überall einen Rückgang der Gewalt in den letzten Monaten.

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