31. Oktober 2007

Zettels Meckerecke: Sandra, Nina, Außerirdische - sind sie noch bei Trost?

"Dies ist eine Unterhaltungssendung", sagte Sandra Maischberger, als Joachim Bublath allmählich ungeduldig wurde in einer Sendung, deren Thema lautete: "Ufos, Engel, Außerirdische - sind wir nicht allein?" Unterhaltungswert dürfte sie freilich nur für Zuschauer gehabt haben, deren Geschmack und deren Auffassungsvermögen auf der Ebene der "Oliver- Geissen- Show" oder von "Uups! Die Pannenshow" liegen.

Die hätten es vermutlich gern gesehen, wenn Nina Hagen dem Joachim Bublath auch noch keifend ins Gesicht gesprungen wäre. Aber auch so kamen sie auf ihre Kosten. Es wurde gequasselt, es wurde geraunt, es wurde gekreischt, es wurde so saudumm dahergeredet, daß man sich, wie Bublath treffend sagte, vorkam wie in einem Kuriositäten- Kabinett.



Sandra Maischberger ist eine kluge, einfühlsame Moderatorin, die es versteht, eine Diskussion zu lenken, ohne sich selbst in den Vordergrund zu spielen.

Nur braucht sie dazu ein Thema, nur braucht sie dazu Gäste, die sich für diesen Stil eignen. Was ihre Redaktion, was sie selbst veranlaßt hat, dieses ausgelutschte, zum dummen Gequatsche geradezu einladende Thema zu wählen und dann noch dazu so halbseidene Gestalten einzuladen wie Nina Hagen, den "Ufo-Forscher" Johannes von Buttlar und die "spirituelle Beraterin" Sabrina Fox (Spezialgebiet: Engel) - das wird vermutlich ihr Geheimnis bleiben.

Sollte es vielleicht auch. Denn eine Antwort (Brauchte man dringend Quote? Wollte da jemand im Hintergrund Sandra Maischberger ins Messer laufen lassen?) könnte peinlich sein.

Da half es auch nichts, daß man offenbar eine Art Balance versuchte, indem man auch noch Walter von Lucadou eingeladen hatte, den Leiter einer "Parapsychologischen Beratungsstelle" und Herausgeber der "Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie", und eben Joachim Bublath.

Lucadou, der ja nicht gerade selten im TV auftritt, sollte den Maischberger- Redakteuren eigentlich als jemand bekannt sein, der sich als wissenschaftliches Gegengewicht gegen Dummschleimer und Eso- Schnepfen ungefähr so eignet wie Oskar Lafontaine als Gegengewicht zu Gregor Gysi.

Dieser Mann versteht es meisterhaft, mit nicht enden wollenden Sätzen nichts zu sagen. In einem monoton- getragenen Alemannisch, wie es vermutlich Freiburger Väter verwenden, wenn ihre Gören nicht einschlafen wollen. An dem Versuch, ihn zu irgendeiner eindeutigen Aussage zu bringen, dürften selbst Experten für Foltertechniken scheitern.

Sandra Maischberger jedenfalls scheiterte daran mit ihrer Methode der sanften Nachfrage.



Joachim Bublath, auch er ja eher den leisen Tönen zugeneigt, bemühte sich zu Anfang als einziger, ein wenig Vernunft in die Diskussion zu bringen.

Aber schon bei dem Versuch, zu erklären, warum aus wissenschaftlicher Sicht ein Besuch Außerirdischer extrem unwahrscheinlich ist (nämlich wegen der riesigen Entfernungen zwischen den Sternen unserer Galaxie, erst recht der Entfernung zwischen Galaxien; sodann wegen der geringen Wahrscheinlichkeit, daß hochentwickelte Kulturen gerade im selben Zeitfenster, verschoben um die Zeit einer Reise, existieren wie wir) - schon bei diesem Versuch gelang es Bublath nicht, auch nur bis zu seinem Argument zu kommen.

Man fiel ihm ins Wort, Hagen beschimpfte ihn und benahm sich, als hätte ihre Therapeutin sie per Hypnose ins Alter von neun Jahren zurückbefördert. Eine zweiundfünfzigjährige Frau mit den Allüren, mit der Albernheit und der Ungezogenheit einer Vorpubertären.

Kurz, es war grauslich. Bublath hielt lange durch, ging dann aber doch. Er hätte gleich gehen sollen.



Eine einmalige Panne, eine einmalige Intrige gegen Maischberger? Wohl nicht. Derartiges erlebt man, wenn auch weniger spektakulär, ja ständig im deutschen TV.

Wer fragwürdige, wissenschaftlich nicht begründbare Thesen vertritt, der ist allemal willkommen. Wissenschaftler, die dagegenhalten, werden allenfalls als jemand akzeptiert, der eben eine "andere Auffassung" hat.

Der "Schulmediziner", der erklärt, warum Homöopathie auf dem Placebo- Effekt basiert, der Physiker, der keinen Anhaltspunkt für Strahlenschäden durch Handys sieht - sie sind geduldet, damit die Diskussion nicht langweilig wird. Fast nie machen die Moderatoren, machen die Autoren von sogenannten Dokumentar- Sendungen deutlich, daß Wissenschaftler eben in der Regel Recht haben, und daß Phantasten ohne wissenschaftlichen Hintergrund fast immer im Unrecht sind.

Liegt's nur daran, daß Gestalten wie Nina Hagen oder diese Sabrina Fox, die Begegnungen mit Engeln hat, einen höheren Show- Wert haben als nüchterne Wissenschaftler und Wissenschafts- Journalisten?

Ich weiß nicht recht. Ich habe einen anderen Verdacht: Die RedakteurInnen, auch die im öffentlich- rechtlichen TV, haben in der Regel keine naturwissenschaftliche Ausbildung. Sie haben selbst nicht gelernt, klar zu erkennen, was plausibel und was unplausibel ist, wenn es um naturwissenschaftliche Fakten und Theorien geht.

Sie denken "kritisch", wenn es es gilt, politische oder weltanschauliche Aussagen zu "hinterfragen". Wenn es dagegen um die Beurteilung von Behauptungen im Bereich der Naturwissenschaften geht, wirken sie oft, als fehle es ihnen an den einfachsten wissenschaftstheoretischen und methodischen Kenntnissen.



Noch eine Bemerkung: Die einzige Rechtfertigung für einen öffentlich- rechtlichen Rundfunk ist, daß es dort seriöser zugeht als bei den Privaten. Sendungen wie diese unsägliche gestrige Maischberger- Show zeigen immer häufiger, daß davon keine Rede mehr sein kann.

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