16. April 2008

Marginalie: Georg Milbradt und Ludwig Erhard. Und ein stilles Lächeln, das ich Kurt Biedenkopf gönne

Erinnern Sie sich noch an das Ende der Amtszeit Kurt Biedenkopfs als sächsischer Ministerpräsident?

Biedenkopf hatte eine glanzvolle politische Karriere damit abgeschlossen, daß er mehr als ein Jahrzehnt lang - von 1990 bis Januar 2002 - Ministerpräsident von Sachsen war. "König Kurt" wurde er genannt; einer der beliebtesten deutschen Ministerpräsidenten.

Und ausgerechnet als es so weit war, daß er mit hohen Ehren hätte verabschiedet werden können, verstrickte er sich in einen nachgerade skurrilen Machtkampf mit Georg Milbradt, den er unbedingt als seinen Nachfolger verhindern wollte. Der MDR schilderte das so:
Der Kampf um Biedenkopfs Nachfolge wurde im Januar 2001 eröffnet. Biedenkopf hatte bei einer Fraktionsklausur der sächsischen Christdemokraten den lange erwarteten Generationswechsel für 2003 angekündigt. Gleichzeitig bezeichnete er in einer Zeitung den Top-Kandidaten für seine Nachfolge, den langjährigen Finanzminister Georg Mildbradt, als miserablen Politiker. Am 30. Januar 2001 entließ Biedenkopf Milbradt.
Verhindern konnte er aber nicht, daß Milbradt am 15. September 2001 auf einem Sonderparteitag der sächsischen CDU zum neuen Landesvorsitzenden und damit faktisch zu seinem Nachfolger gewählt wurde.

Biedenkopf kündigte daraufhin seinen baldigen Rücktritt an und erklärte ihn am 16. Januar 2002.

Ich dachte damals, das sei die typische Reaktion eines Mannes, der nicht von Amt und Macht lassen kann und der nicht will, daß einer sein Nachfolger wird, der es ihm an Popularität gleichtun könnte.

Ich habe mich geirrt. Am Wochenende hat Milbradt seinen Rücktritt angekündigt, nachdem er Biedenkopfs Urteil, daß er ein "miserabler Politiker" sei, durch seine Amtsführung sozusagen glanzvoll bestätigt hatte.



Als ich darüber nachdachte, wie Biedenkopf am Ende Recht behalten hatte, ist mir Konrad Adenauer eingefallen.

Auch Adenauer setzte alles daran, Ludwig Erhard als seinen Nachfolger zu verhindern, und zwar mit ähnlichen Worten wie Biedenkopf ("Der Herr Erhard ist kein Politiker"). Auch ihm hat man damals diese Begründung nicht abgenommen und gemutmaßt, er wolle keinen Nachfolger mit dem Glanz haben, der damals den "Vater des Wirtschaftswunders" umgab.

Aber Adenauer hatte schlicht Recht gehabt. So erfolgreich der National- Ökonom Erhard als Wirtschaftsminister gewesen war, so vollständig versagte er als Kanzler.

Und nun zeigt sich, daß auch Kurt Biedenkopf offenbar von sachlichen Motiven bestimmt gewesen war, als er Milbradt als Ministerpräsidenten zu verhindern versuchte.

Milbradt ist ein miserabler Politiker. Das hat er immer wieder als Ministerpräsident bewiesen, und daraus hat er jetzt die Konsequenz gezogen. Kurt Biedenkopf kann still und zufrieden lächeln.



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