20. Dezember 2008

Von Bush zu Obama (6): In einem Monat ist die Inauguration. Sie wird gefährlich werden

In genau einem Monat, am 20. Januar 2009, wird Präsident Obama in sein Amt eingeführt.

So, wie das Amt des amerikanischen Präsidenten Züge einer Wahl- Monarchie trägt, so hat auch diese zeremonielle Inauguration Ähnlichkeit mit der Krönung eines Monarchen. Vieles hat sich als eine Tradition herausgebildet, an der alle Präsidenten festhalten; manches fügt jeder neue Präsident individuell hinzu.

Die Inauguration von Präsident Obama wird zwei miteinander verknüpfte Besonderheiten aufweisen: Sie wird ungewöhnlich aufwendig ausfallen, und sie wird ungewöhnliche Anforderungen an die amerikanischen Sicherheitskräfte stellen. Darüber berichten jetzt Fred Burton und Scott Stewart in Stratfor.



Besonders aufwendig wird die jetzige Inauguration zum einen deshalb sein, weil die Feierlichkeiten besonders ausgedehnt sein werden. Dieses mehrheitlich von Afro- Amerikanern bewohnte Washington wird seinen schwarzen Präsidenten feiern wie kaum je einen Präsidenten zuvor, und es werden viele Besucher aus dem ganzen Land kommen.

Nach den eigentlichen Zeremonien auf dem Capitol, nach der Parade wird es ab dem Nachmittag in der ganzen Stadt zahllose Bälle, Dinner, Veranstaltungen aller Art geben. Das Präsidentenpaar wird, wie es Tradition ist, viele davon jeweils kurz mit seinem Besuch beehren; immer in Bewegung also, immer somit besonders gefährdet. Der Alptraum eines Sicherheits- Beamten.

Das sind die Risiken jeder Inauguration. Dazu aber hat sich Barack Obama etwas Besonderes ausgedacht: Er wird ostentativ in die Fußstapfen von Abraham Lincoln treten, oder vielmehr seinen Spuren folgen.

Lincoln nämlich, auch er aus Illinois, fuhr zu seiner Inauguration mit dem Zug nach Washington, und diese Reise wird Obama wiederholen. (Was, nebenbei, für das Urteil von Charles Krauthammer spricht, daß er sich schon als eine Gestalt der Weltgeschichte sieht, bevor er auch nur den Amtseid geleistet hat).

Obama wird bereits am 17. Januar eine Veranstaltung in Philadelphia halten. Dann fährt er mit dem Zug nach Wilmington im Bundesstaat Delaware, wo sich ihm der künftige Vize Joe Biden anschließt. Gemeinsam geht es mit dem Zug weiter nach Baltimore zu einer weiteren Veranstaltung. Die Fahrt endet im Washingtoner Bahnhof Union Station.

Schon Lincoln galt auf dieser Reise als hoch gefährdet. Bei Obama wird es nicht anders sein. Jeder Tunnel und jede Brücke werden überwacht; Posten werden entlang der gesamten Strecke aufgestellt sein.

Für diese Streckensicherung wird, wie für die Sicherheit am Tag der Inauguration, der US Secret Service (USSS) verantwortlich sein. Er ist deshalb zuständig, weil das Ministerium für Innere Sicherheit (Department of Homeland Security) die Inauguration zu einem National Special Security Event (NSSE), einem Sonderfall nationaler Sicherheit, erklärt hat.



Als 1989 Präsident George Bush sen. in sein Amt eingeführt wurde, verzögerte sich die Parade. Ein Team von Sicherheits- Beamten hatte in einem Raum des Willard- Hotels einen bewaffneten Mann entdeckt. Wie sich herausstellte, war es ein Sicherheits- Beamter einer anderen Behörde.

Die zahlreichen beteiligten Behörden und Sicherheitsdienste zu koordinieren, ist eine der besonderen Schwierigkeiten bei diesen Zeremonien. Eine andere ist, daß die Menschen im Winter dick angezogen sind, sich Waffen also leicht verbergen lassen. Je dichter gedrängt eine Menge steht, umso größer ist dieses Problem. Für die Inauguration Obamas werden mehr Menschen erwartet, als jemals in der Geschichte der USA einem solchen Ereignis beiwohnten.

Solange der Präsident sich in seiner gepanzerten Limousine oder in einem geschlossenen Raum befindet, ist er vergleichsweise sicher. Die kritischen Augenblicke sind die, wenn er ins Freie tritt; vor allem, wenn er das obligatorische "Bad in der Menge" nimmt.

Burton und Stewart sind dennoch zuversichtlich, daß der Schutz des Präsidenten gelingen wird. Niemand auf der Welt, schreiben sie, hätte mit solchen Aufgaben so viel Erfahrung wie der USSS.

Die einzelnen Teams - die einen sind auf das Aufspüren von Heckenschützen spezialisiert, die anderen auf die Entdeckung von Bomben, wieder andere auf den Angriff auf Attentäter - bewegen sich in Washington auf vertrautem Terrain. Jede Position, wo ein solches Team Stellung bezieht, ist aufgrund langer Erfahrungen festgelegt, jede Aktion trainiert. Der Luftraum über Washington wird unter Kontrolle sein; Abfangjäger werden bereitstehen.

Ein größeres Problem könnten die "weichen Ziele" sein. Nicht jeder Ball, nicht jede der Wohltätigkeits- Veranstaltungen am Nachmittag und Abend des 20. Januar kann so geschützt werden wie die Zeremonien am Vormittag. U-Bahn- Stationen oder Züge könnten von Terroristen als Ziele ausgewählt werden.

Besonders gefährdet könnten, so meinen die Autoren, solche weichen Ziele in der Umgebung von Washington sein. Je mehr sich die Sicherheitskräfte auf Washington konzentrieren, umso mehr könnten sich dort Gelegenheiten für einen terroristischen Angriff bieten.



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