21. Februar 2009

Zitat des Tages: "Amnesty International ist schockiert und äußerst enttäuscht". Die Regierung Obama und die Menschenrechte

"Amnesty International is shocked and extremely disappointed by U.S. Secretary Clinton's comments that human rights will not be a priority in her diplomatic engagement with China.

The United States is one of the only countries that can meaningfully stand up to China on human rights issues. But by commenting that human rights will not interfere with other priorities, Secretary Clinton damages future U.S. initiatives to protect those rights in China.


(Amnesty International ist schockiert und äußerst enttäuscht von den Erläuterungen der amerikanischen Ministerin Clinton, daß bei ihrem diplomatischen Einsatz gegenüber China die Menschenrechte nicht vorrangig sein werden.

Die Vereinigten Staaten gehören zu den einzigen Ländern, die in Bezug auf die Menschenrechte China entgegentreten können. Mit ihrer Erläuterung, daß die Menschenrechte andere Prioritäten nicht beeinträchtigen würden, fügt die Ministerin Clinton künftigen US- Initiativen, diese Rechte in China zu schützen, Schaden zu.)

T. Kumar, in der amerikanischen Organisation von Amnesty International zuständig für Asien und den Pazifik, in einer von Amnesty International USA verbreiteten Erklärung.


Kommentar: Dazu schreibt heute der Pekinger Korrespondent der FAZ, Till Fähnders:
In China wurden die Aussagen der Außenministerin als neuer Ton in den bilateralen Beziehungen und als Hinweis auf eine pragmatischere Haltung Amerikas gewertet. Nach Berichten von Menschenrechtlern hatten Polizeikräfte mehrere chinesische Dissidenten für die Dauer des Besuches unter Hausarrest gestellt.
Und in der Erklärung von Amnesty International USA wird darauf hingewiesen, daß die Verfolgungen von Tibetern, Uiguren und von religiösen Gruppen wie der Falun Gong in großem Umfang weitergehen; daß es Tausende politische Gefangene gibt, daß manche davon hingerichtet werden. Eine halbe Million Menschen seien derzeit in Arbeitslagern. Frauen würden weiter zur Abtreibung und zur Sterilisation gezwungen.



Es ist schon beklemmend: Hillary Clinton und ihr jetziger Chef Obama haben sich im Wahlkampf als die großen Anwälte der Menschenrechte präsentiert, was Guantánamo anging. Jetzt erweist sich dieses Engagement als nichts als heiße Luft. Und zugleich fahren die USA unter der neuen Regierung offenbar ihr weltweites Engagement für die Menschenrechte zurück.

Guantánamo will Obama auflösen. Daß sich dadurch am Status oder an der Behandlung der Gefangenen etwas ändert, ist nicht erkennbar. Sie werden verlegt; das ist alles. Auch die regelmäßige Entlassung von als nicht mehr gefährlich eingestuften Gefangenen war unter Bush längst üblich gewesen. Obama beseitigt ein Symbol, mehr nicht.

Gestern hatte die US-Regierung vor einem Gericht zum Status der Gefangenen im Lager Bagram in Afghanistan Stellung zu nehmen. Dort sitzen mehr als 600 Gefangene ein (Guantánamo: derzeit rund 245). Es ging darum, ob diese Gefangenen das Recht hätten, vor einem US-Gericht gegen ihre Festsetzung zu klagen.

Dieses Recht hatte die Regierung Bush verneint. Nach dem Regierungswechsel hatte der Distrikt- Richter John Bates bei der Regierung Obama angefragt, ob sie bei dieser Position bleibe oder sie zu "differenzieren" (refine) wünsche. Gestern gab die Regierung Obama ihre Antwort. Dazu Reuters:
In a brief filing with the court on Friday, the Justice Department said it would stick to the previous government's position, which argued the four men -- who have been detained at Bagram for over six years -- had no right to challenge their detention in a U.S. court.

Barbara Olshansky, lead counsel for three of the four detainees and a visiting professor at Stanford Law School, said she was deeply disappointed that the Obama administration had decided to "adhere to a position that has contributed to making our country a pariah around the world for its flagrant disregard of people's human rights."

In einer kurzen schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem Gericht erklärte das Justizministerium am Freitag, daß es bei der Position der bisherigen Regierung bleiben werde, die die Auffassung vertreten hatte, daß die vier Männer - die seit mehr als sechs Jahren in Bagram festgehalten werden - nicht das Recht hätten, gegen ihre Festsetzung vor einem US-Gericht zu klagen.

Barbara Olshansky, die Hauptvertreterin von drei der vier Gefangenen und Gastprofessorin an der juristischen Fakultät der Universität Stanford, erklärte, sie sei tief enttäuscht von der Entscheidung der Regierung Obama, "bei einer Position zu bleiben, die dazu beigetragen hat, unsere Land wegen seiner flagranten Mißachtung der Menschenrechte zu einem weltweiten Paria zu machen".



Ich bin nicht der Meinung, daß die USA durch Mißachtung der Menschenrechte zu einem weltweiten Paria geworden sind. Ich bin allerdings der Meinung, daß die Regierung Bush, so sehr sie sich um die Durchsetzung der Menschenrechte weltweit bemüht hat, nicht genügend für ihre Einhaltung im eigenen Land getan hat.

Jetzt zeichnet sich ab, wie es unter dem Präsidenten Obama werden wird: Was das Verhalten der USA selbst angeht, business as usual; was die Durchsetzung der Menschenrechte weltweit angeht, worse than before.



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