11. Juli 2009

Marginalie: Die Ausbreitung des Sozialismus und der Siegeszug des Kapitalismus. Beispiel Afrika

Es scheint, daß jede Weltgegend einmal den Sozialismus in seiner realen Form erlebt haben muß, um fortan gegen seine Versprechungen, seine Verlockungen, seine Illusionen immunisiert zu sein.

Zuerst war das in Europa der Fall. Hier begann der Aufbau und damit die Diskreditierung des Sozialismus 1917, und es dauerte gut 70 Jahre, bis es damit vorbei war. Heute ist es schwer vorstellbar, daß in Europa noch einmal ein sozialistisches Experiment versucht werden wird. Vestigia terrent.

In Asien begann es nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Errichtung sozialistischer Regimes in China, Nordkorea, Nordvietnam, dann im ganzen Vietnam sowie in Laos und Kambodscha. Ganz vorbei ist es dort noch nicht; aber China ist auf dem Weg in den Kapitalismus, Laos und Vietnam sind es. Nordkorea ist neben Cuba der letzte Hort eines real überlebenden Sozialismus.

Dann erreichte die Welle des Sozialismus Afrika. Fast überall folgten auf die Entkolonialisierung in den sechziger Jahre sozialistische Regimes. Manche vergleichsweise mild wie die Herrschaft von Sékou Touré in Guinea und die von Julius Nyerere in Tansania. Andere brutal wie das Schreckensregime von Mengistu Haile Mariam in Äthiopien. Im Kongo, in Angola, in Mosambik versuchten Sozialisten mit unterschiedlichem Erfolg, die Macht an sich zu reißen. Überall war das Ergebnis dasselbe: Mißwirtschaft, Armut, Unterdrückung.

Auch das ist Geschichte. Geblieben ist allein das sozialistische Simbabwe; einmal als Südrhodesien ein wohlhabendes Land, heute dank des Sozialismus eines der ärmsten Länder der Welt und - das geht unweigerlich mit der Armut im Sozialismus einher - eine brutale Dikatur.

Europa, Asien, Afrika haben den Sozialismus hinter sich; sie sind - mit schlimmsten Opfern - gegen ihn immun geworden. Jetzt hat der Virus, wie es scheint, Lateinamerika erreicht. Der Kontinent wird das durchstehen wie die anderen auch; und dann ist hoffentlich endgültig Schluß mit dem Glauben, man könne eine gerechte Gesellschaft auf dem Reißbrett schaffen und den Menschen aufzwingen.



Zurück zu Afrika. Nach der Entkolonialisierung lag es Jahrzehnte in den Fesseln des Sozialismus. Es schien, daß Afrika immer weiter hinter der weltweiten ökonomischen Entwicklung zurückbleibt - der Kranke Mann der Welt, der ewige Hilfsempfänger.

Das ist vorbei. Es ist dadurch vorbei, daß auch in Afrika der Sozialismus überwunden wurde. Ein kapitalistisches Afrika ist im Entstehen, das gute Chancen hat, zum Rest der Welt aufzuschließen.

Darüber schreibt Ethan B. Kapstein in der aktuellen Nummer von Foreign Affairs unter der Überschrift "Africas capitalist revolution" (die kapitalistische Revolution in Afrika):
It is still a well-kept secret that the African continent has been in the midst of a profound economic transformation. Since 2004, economic growth has boomed at an average level of six percent annually, on par with Latin America. (...) International trade now accounts for nearly 60 percent of Africa's GDP (far above the level for Latin America), and foreign direct investment in Africa has more than doubled since 1998, to over $15 billion per year.

Es ist immer noch ein wohlgehütetes Geheimnis, daß sich der afrikanische Kontinent mitten in einer tiefen ökonomischen Transformation befindet. Seit 2004 boomt das Wirtschaftswachstum auf einem durchschnittlichen Niveau von sechs Prozent pro Jahr, auf gleicher Höhe wie Lateinamerika. (...) Der internationale Handel macht jetzt 60 Prozent des afrikanischen Bruttosozialprodukts aus (weit über dem Niveau von Lateinamerika), und die ausländischen Direktinvestitionen haben sich seit 1998 auf mehr als 15 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt.
Es ist vermutlich nicht damit zu rechnen, daß die Einführung des Kapitalismus in Afrika zu einem ähnlich stupenden Aufstieg führt wie in China; dazu fehlen wohl manche Voraussetzungen. Aber die Zeit, in der man Afrika als einen in Hoffnungslosigkeit versinkenden Kontinent ansah, dürfte mit dem Untergang des afrikanischen Sozialismus vorbei sein.



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