6. September 2009

Deutschland im Öko-Würgegriff (19): Was kommt nach dem Glühbirnen-Verbot? "Öko-Design". Die Pläne der Euro-Bürokraten und ihr Hintergrund

Die Glühbirne ist - wenn Sie mir die hier etwas skurrile Metapher nachsehen - nur die Spitze eines Eisbergs. Was gegenwärtig in Brüssel in Vorbereitung ist, das läuft darauf hinaus, in alle Bereiche unseres Lebens hineinzuregieren. Sämtliche Produkte, die irgend etwas mit dem Verbrauch von Energie zu tun haben - und es gibt ja wenige, für die das nicht der Fall ist - sollen der Regulierung durch die EU unterworfen werden.

Diese Bemühungen sind nicht neu. Sie gehen auf eine Vereinbarung vom April 2005 zurück, über die der EU- Informationsdienst EurActiv dies berichtet:
EU lawmakers reached an agreement in April 2005 on a proposal aimed at increasing energy savings from all consumer appliances running on electricity. With this proposal, the Commission sought to make the design of products such as hairdryers, computers, fridges, or office equipment more environmentally- friendly and reduce emissions of greenhouse gases blamed for global warming.

Im April 2005 einigten sich die europäischen Gesetzgeber auf eine Übereinkunft für einen Plan, dessen Ziel es ist, die Einsparung von Energie bei allen elektrisch betriebenen Konsumartikeln zu verbessern. Mit diesem Plan beabsichtigte die Kommission, die Konstruktion von Waren wie Föhnen, Computern, Kühlschränken oder Bürogeräten umweltfreundlicher zu gestalten und die Emission von Treibhausgasen zu reduzieren, die für die globale Erwärmung verantwortlich gemacht werden.
Das war die Initialzündung. Dann ging es zügig voran. Hier ist eine Liste der anschließenden Schritte. Ich verzichte ausnahmsweise auf eine Übersetzung, weil es weniger auf die Einzelheiten ankommt als auf einen Eindruck von der Konsequenz, mit der dieses Unternehmen betrieben wird:
  • July 2005: The European Parliament and the Council adopt a final text (EUP Directive 2005/32/EC). (...) Priority products include heating, electric motors, lighting and domestic appliances.

  • 16 July 2008: The Commission adopts a proposal for a directive to extend the scope of the framework Ecodesign Directive to cover other energy-related as well as energy-using products.

  • 26 Sept. 2008: EU governments endorse two proposals to add lighting and TV 'set-top' boxes to the list of regulated equipment.

  • 17 Oct. 2008: EU governments approve a proposal to improve the energy performance of external power supplies (EPS), which convert power for household and office products.

  • 21 Oct. 2008: Commission unveils a list of ten priority energy-using product groups for which it wants energy-efficiency standards to be established within the next three years.

  • 8 Dec. 2008: EU national representatives vote in favour of phasing out energy-guzzling incandescent light bulbs and inefficient halogen bulbs between 2009 and 2012.

  • 17 Dec. 2008: Commission adopts regulation to reduce standby power consumption of electronic household and office equipment.

  • 4 Feb. 2009: Commission adopts efficiency standards for simple set-top boxes.

  • 18 March 2009: Commission adopts two regulations to improve the energy efficiency of house lamps and office, street and industrial lighting.

  • 6 Apr. 2009: Commission adopts regulation to reduce electricity consumption of external power supplies.

  • 24 Apr. 2009: Parliament approves extension of the Eco-design Directive to cover products with an indirect impact on energy use.

  • 22 July 2009: Commission adopts four regulations to make industrial motors, water circulators, televisions, refrigerators and freezers more efficient.
  • Besonders interessant ist die Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 24. April 2009, die Direktive auf Produkte mit einer "indirekten Auswirkung auf den Energieverbrauch" auszudehnen. Das ist eine Gummi- Bestimmung, die den Weg für eine nahezu beliebige Ausweitung der Regulierung freimacht.

    Je mehr warmes Wasser man beispielsweise beim Duschen verbraucht, umso höher ist logischerweise der Verbrauch an Energie. Also wird auch das Duschen demnächst der Regulierung durch die Euro- Bürokraten unterliegen.

    Sie halten das für einen Witz? Dann tun Sie es sich doch bitte an und werfen Sie einmal einen Blick auf dieses Dokument der Europäischen Kommission, in dem der Werdegang dieser Direktive aufgelistet ist. Und hier finden Sie die einschlägigen Texte.

    Reguliert werden "energieverbrauchsrelevante Produkte". Ein solches Produkt ist ein
    Gegenstand, dessen Nutzung den Verbrauch von Energie in irgendeiner Weise beeinflusst und der in der Europäischen Union in Verkehr gebracht und/oder in Betrieb genommen wird, einschließlich Teilen, die zum Einbau in ein unter diese Richtlinie fallendes energieverbrauchsrelevantes Produkt bestimmt sind, als Einzelteil für Endnutzer in Verkehr gebracht und/oder in Betrieb genommen werden und getrennt auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft werden können.
    Was damit konkret gemeint ist, das geht aus der Stellungnahme des EU- Parlaments hervor:
    Neben Produkten, die Energie verbrauchen, erzeugen, übertragen oder messen, können ausgewählte energieverbrauchsrelevante Produkte, einschließlich Produkten, die im Baugewerbe verwendet werden, wie Fenster und Isoliermaterialien, oder einige den Wasserverbrauch beeinflussende Produkte wie Duschköpfe oder Wasserhähne auch zu erheblichen Energieeinsparungen beim Gebrauch beitragen.
    Falls Sie also, lieber Leser, die Neigung haben sollten, sich von Ihrer Dusche nicht nur berieseln zu lassen, sondern auch schon einmal einen kräftigen Wasserstrahl einzustellen, dann empfehle ich: Bevorraten Sie sich mit Duschköpfen.



    Wenn man sich die Texte ansieht, aus denen ich zitiert habe, dann hat man den Eindruck, es nicht mit europäischen Dokumenten zu tun zu haben, sondern mit Propaganda der Grünen, von Greenpeace oder des BUND. Lediglich der formale Aufwand verrät, daß da europäische Juristen am Werk sind.

    Wie konnte ausgerechnet die Brüsseler Bürokratie, dominiert von französischen Enarques, den Absolventen der Eliteuniversität ENA, derart dunkelgrün werden? Es hat sich, scheint mir, so etwas entwickelt wie eine Symbiose zwischen Bürokraten und Umwelt- Ideologen.

    Wie Unternehmen sind Bürokratien ihrem Wesen nach expansiv. Die Expansion von Unternehmen findet ihre Grenzen in der Konkurrenz und allgemein den Bedingungen des Markts. Die Expansion von Bürokratien bestimmt sich danach, welchen Widerstand ihr die Öffentlichkeit und die Parlamente entgegensetzen. Fehlt dieser Widerstand, wie das im real existierenden Sozialismus der Fall war, dann durchdringt die expandierende Bürokratie alsbald die gesamte Gesellschaft.

    Um den Widerstand gegen ihre Expansion zu verringern, muß eine Bürokratie den - berechtigten oder unberechtigten - Eindruck erwecken, sie sei nützlich. In den modernen kapitalistischen Ländern tun das die Bürokratien höchst erfolgreich in zwei Bereichen: Gesundheit und Umwelt.

    Um ihre Gesundheit kümmerten sich die Menschen in freien Gesellschaften selbst. Heute dagegen hat die Bürokratie unsere Gesundheit zu ihrem Anliegen gemacht; vom staatlich kontrollierten Gesundheitssystem über das Rauchverbot bis hin zum strengen Auge der Bürokratie, das darüber wacht, ob Eltern ihre Kinder auch regelmäßig dem Kinderarzt vorstellen.

    Noch viel erfolgreicher sind die Bürokraten bei der Umwelt. Denn "Umwelt" ist schließlich so ungefähr alles in dieser Welt. Es gibt schlechterdings keinen Bereich, in den sich nicht auch Umweltbürokraten einmischen könnten. Alles muß ja produziert, verwendet, dann irgendwann beseitigt werden. Also hat es Wirkungen auf die Umwelt. Und nahezu alles, was wir tun oder lassen, hat Einfluß auf die Umwelt; vom Fleischverzehr bis zum Flug in den Urlaub.

    Die Umwelt- Ideologie stellt insofern Ersatz für die Rolle bereit, die einst die Religion spielte. Alles kann man unter religiösen Aspekten betrachten; alles eignet sich folglich dazu, Menschen zu lenken und bei ihnen ein schlechtes Gewissen zu erzeugen. So ist es heute mit der Umwelt; und die Umweltbürokraten haben die Rolle des Klerus übernommen.

    Bessere Expansionsbedingungen kann es folglich für eine Bürokratie gar nicht geben. Diese Chance haben auch die Eurokraten erkannt. Systematisch haben sie Kompetenzen für die Umweltpolitik an sich gezogen.

    Ja, aber gilt denn nicht eigentlich das Subsidiaritätsprinzip? Darf Brüssel denn nicht nur das regeln, was auf nationaler Ebene nicht geregelt werden kann? Gemach, das bekommen sie schon hin, die Eurokraten.

    In der Stellungnahme des Europäischen Parlaments, aus der ich schon zitiert habe, heißt es gegen Ende dazu:
    Da das Ziel der beabsichtigten Maßnahme, nämlich durch angemessene Anforderungen an die umweltrelevanten Eigenschaften von Produkten das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden.
    Es ist also ganz einfach: Da fast jedes Produkt irgendwie auch energierelevant ist, kann die EU versuchen, nach und nach immer weitere Marktsegmente mit ihrer Regulierungswut zu überziehen. Und da fast jedes Produkt heute nicht mehr nur auf dem nationalen Markt, sondern europaweit angeboten wird, ist sie dafür immer auch zuständig.



    Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen bisherigen Folgen dieser Serie findet man hier. Titelvignette: Schiffe sinken im Sturm. Gemälde von Ludolf Backhuysen (ca 1630). In der Public Domain, da das Copyright erloschen ist (Ausschnitt). Mit Dank an Jan Filter, durch dessen Artikel ich auf das Thema aufmerksam geworden bin.