22. September 2009

Zitat des Jahres: "... am 27. September um 18.01 Uhr"

Süddeutsche Zeitung: Wenn Westerwelle eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP ausschließt...

Steinmeier: ...höre ich nicht auf, Wahlkampf zu machen. Ich weiß aus Erfahrung, dass auch die FDP frühestens am 27. September um 18.01 Uhr eine Bewertung des Wahlergebnisses vornehmen kann und wird.


Der Kanzlerkandidat der SPD im Interview mit Nico Fried und Wolfgang Krach von der "Süddeutschen Zeitung".


Kommentar: Vielleicht ist es ein wenig voreilig, schon Ende September das Zitat des Jahres zu küren. Ich glaube aber nicht, daß das, was Frank- Walter Steinmeier da ... tja, wie soll man sagen? ... hat fallen lassen, was er rausgelassen, was er preisgegeben hat -, daß das im letzten Quartal des Jahres noch übertroffen werden wird.

"Auch die FDP", sagt er. Auch sie werde erst am Wahlabend eine "Bewertung des Wahlergebnisses" vornehmen. Und zwar - das geht aus dem Kontext hervor - in Bezug darauf, ob sie eine bestimmte Koalition ausschließt.

Das verräterische "auch" besagt: So, wie beispielsweise auch die SPD. Die zwar versichert, sie werde im Bund nicht mit der Partei "Die Linke" zusammenarbeiten. Aber "auch" sie wird - so sagt es dem Kandidaten Steinmeier seine Erfahrung - die Situation nach Schließung der Wahllokale neu bewerten.

Interpretiere ich zu viel an unfreiwilliger Ehrlichkeit in Steinmeiers Aussage hinein?

Ich glaube nicht. Denn zum Thema einer Zusammenarbeit mit der Partei "Die Linke" sagt Steinmeier, der als Chef der deutschen Diplomatie seine Worte zu wägen weiß, in dem Interview diesen einen Satz: "Ich habe klar gesagt, was ich nicht will, nämlich eine Koalition mit der Linken".

Was er nicht will. Man tut vieles, was man nicht gewollt hat. Daß er für eine solche Koalition definitiv nicht als Kanzler zur Verfügung steht, hat Steinmeier nicht gesagt. Daß seine Partei sie eingehen könnte, hat er erst recht nicht ausgeschlossen.



Warum also Zitat nicht nur des Tages, sondern gleich des Jahres?

Weil es eine Rarität ist, daß ein Spitzenmann einer Partei es so deutlich macht - wenn auch unfreiwillig -, welche Distanz zwischen dem liegt, was seine Partei öffentlich verkündet, und den Entscheidungen, die zu treffen sie in Wahrheit willens ist.

Weil Steinmeiers Lapsus blitzartig den Zustand einer SPD beleuchtet, die sich noch antikommunistisch geriert, und die doch innerlich längst bei der Zusammenarbeit mit den Kommunisten angekommen ist.



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