1. März 2010

Die grünsten Spiele, die brutalsten Spiele: Die Olympischen Spiele von Vancouver markieren eine Zeitwende

Ist Ihnen das auch aufgefallen? Die Spiele von Vancouver waren in zweierlei Hinsicht denkwürdig; sie haben auf zwei Gebieten Maßstäbe gesetzt. Bemerkenswert war aber nicht nur jeder dieser Umstände für sich allein, sondern es war ihr Zusammentreffen. Es markiert eine Zeitwende. Lesen Sie bitte einmal zwei Passagen, beide aus aktuellen Artikeln in "Zeit- Online".

Die erste stammt aus einem Aufsatz von Christof Siemens, der am vergangenen Samstag unter der Überschrift "Vancouver und Umwelt - Die grünsten Spiele der Olympia- Geschichte" zu lesen war:
Der Whistler Olympic Park, in dem die nordischen Skiwettbewerbe stattfinden, fiel letztlich 30 Prozent kleiner aus als geplant. Ein paar Bäume mussten natürlich trotzdem umgemacht werden, dienten aber gleich als Baumaterial für temporäre Gebäude vor Ort, der Rest wurde zerhäckselt, kompostiert und zusammen mit Wildblumensamen für die Renaturierung genutzt. Darüber hinaus kann man auf der Seite venueenergytracker.com den aktuellen Stromverbrauch jeder olympischen Stätte verfolgen und sehen, wie viel durch nachhaltiges Energie- Management gespart wurde. (...) Die Spiele sind sicher die grünsten bisher.
Einen Tag zuvor war mit dem Titel "Olympia- Pfarrer - 'Die Menschenwürde wird herabgesetzt'" ein Interview von Florian Meißner mit Pfarrer Thomas Weber erschienen, der im Auftrag der EKD Olympiasportler seelsorgerisch betreute. Darin sagte Weber zur Gefährlichkeit von Rennstrecken bei diesen Spielen:
Spielt es für die Fernsehzuschauer eigentlich eine Rolle, ob jemand mit 100 oder 130 Kilometern pro Stunde den Eiskanal herunterrast? Oder geht es für den Veranstalter nur darum, die schnellste Rodelbahn der Welt zu haben? Da gab es schon viel Kritik, auch an den internationalen Sportverbänden, die dafür mitverantwortlich sind.
Und zu den Doping- Kontrollen äußerte er sich so:
Gerade, was Frauen angeht, gibt es unwürdige Zustände bei den Doping-Kontrollen: Man wird bis in den intimsten Bereich untersucht und beobachtet, die Menschenwürde wird herabgesetzt. (...) ... so, wie die Athleten behandelt werden, könnte ein verantwortungsbewusster Vater heute kaum noch zulassen, dass sein Kind in den Leistungssport geht.



Wer diese Spiele im Fernsehen verfolgt hat, der sah, wie Skifahrerinnen auf der Abfahrtsstrecke reihenweise stürzten; der konnte miterleben, wie selbst die besten Bobfahrer der Welt nur unter ständiger Unfallgefahr durch den Eiskanal kamen. Einen Rodler kostete bekanntlich sein Unfall auf dieser Strecke das Leben. Andere Sportler weigerten sich, unter diesen Bedingungen zu fahren.

Teilnehmer dieser Olympischen Spiele wurden beim Dopingtest unwürdig behandelt; sie wurden auf Rennstrecken mutwillig Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt. Was den Schutz dieser Menschen anging, zeigten die Veranstalter wenig Skrupel. Umso mehr lag ihnen der Schutz der Umwelt am Herzen.

Nie hat man sich bei Olympischen Spielen mehr um das Wohlergehen der Umwelt gesorgt. Vermutlich nie zuvor hat man sich so wenig um das Wohlergehen von Menschen gesorgt wie in Vancouver. Nicht mehr am Menschen ist die Ethik orientiert, die sich da zeigte, sondern in einer neuheidnischen Weise an "Mutter Natur".

Wie Christof Siemens in dem zitierten Artikel schrieb:
Am umweltfreundlichsten wären diese Spiele gewesen, wenn sie gar nicht stattgefunden hätten. Aber das ist unfair, schließlich ginge es der guten, alten Mutter Erde insgesamt wohl am besten, wenn wir Menschen uns ganz vom Acker machten.
An die Stelle des biblischen "Macht euch die Erde untertan" tritt eine Ethik, die den Menschen der Natur untertan machen möchte. Klimaschutz ist, wie es der Gastautor Herr kürzlich in diesem Blog formuliert hat, zum Religionsersatz geworden. Wir leben in einer Zeitwende, und diese Spiele haben das symbolisiert.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Figur eines Bären auf der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele am 12. 2. 2010 in Vancouver. Als Werk der VOA in der Public Domain.