19. August 2010

Zettels Meckerecke: Ilse Aigners von La Mancha Kampf gegen den Riesen Google. Aber was geht sie eigentlich Google an?

Sie läßt nicht locker. Als hinge das Wohl des Landes daran oder gar ihre Karriere, verbeißt sich Ilse Aigner in einen lächerlichen Kampf gegen Google. Der Kampf des tapferen Edlen Don Quijote de la Mancha gegen die Riesen, die doch nur Windmühlen waren, ist nichts dagegen.

Aktuell schwingt sie das Schwert in einem Interview mit "Spiegel-Online". Man merkt förmlich, wie ernst sie es nimmt, uns vor den, nein in diesem Fall dem Riesen zu schützen:
Ich hatte ... mehrere Treffen mit Google und bin überzeugt: Dort wird man jetzt größten Wert darauf legen, sämtliche Zusagen zum Widerspruchsverfahren auch einzuhalten. Der Imageschaden für die Marke ist bereits enorm. Google kann sich keinen Fehler mehr erlauben. Zumal Deutschland nach den USA einer der wichtigsten Märkte für den Konzern ist.
Der Riese wankt, die tapfere Kämpferin wird das Schwert weiter schwingen. Nicht nur der Edle aus der Mancha gegen die Riesen, sondern auch David gegen Goliath.

Nur: Einmal ganz abgesehen davon, was denn eigentlich dagegen einzuwenden ist, daß Häuserreihen für Google Earth abfotografiert und ins Netz gestellt werden, so wie das jeder Tourist tun darf - was hat Ilse Aigner eigentlich mit diesem Thema zu schaffen?

Ich habe schon einmal darauf aufmerksam gemacht (Über wuchernde Kompetenzen eines kuriosen Ministeriums; ZR vom 6. 3. 2010): Sie steht einem Ministerium vor mit der Bezeichnung "Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz". In dieser Reihenfolge.

Mit Ernährung hat Google Street nicht unbedingt zu tun; mit Landwirtschaft höchstens insofern, als in den fotografierten Häusern vielleicht auch der eine oder andere Bauer wohnt.

Und Verbraucherschutz? Ja, sind denn diejenigen, deren Häuser da fotografiert werden, als Verbraucher zu schützen (sofern ein Schutz überhaupt erforderlich ist, was ich nicht erkennen kann)? Man kann diskutieren, ob sie in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt werden. Aber die konsumieren sie doch nicht.

Ilse Aigner ist schlicht nicht zuständig. Es ist mir unbegreiflich, wie sie es fertiggbracht hat, diese Kompetenz an sich zu ziehen, und wieso die Kanzlerin das duldet.



Und warum verbeißt sich wohl die Ministerin, die sich um das Brüsseler Agrarprogramm und die Qualität unserer Lebensmittel zu kümmern hätte, in dieses Thema? Da kann man natürlich nur spekulieren. Vielleicht liefert diese Passage aus dem Interview mit "Spiegel-Online" einen Hinweis:
Aigner: ... Wer mich kennt, der weiß, dass ich alles andere als technikfeindlich bin. Da kann ich nur milde lächeln ...

SPIEGEL ONLINE: ... weil Sie früher in der Hubschrauberentwicklung gearbeitet haben?

Aigner: Auch deshalb. Ich interessiere mich persönlich für das Internet und neue Technologien. Ich gestehe: Das Thema macht mir richtig Spaß.
Tja, da haben wir's wohl. Ilse Aigner kommt, anders als fast jeder Landwirtschaftsminister vor ihr (Renate Künast und Horst Seehofer waren Ausnahmen) nicht aus der Landwirtschaft. Die Wikipedia:
Nach der Mittleren Reife 1981 in Bad Aibling absolvierte Ilse Aigner bis 1985 eine Lehre zur Radio- und Fernsehtechnikerin und arbeitete danach im elterlichen Elektrohandwerksbetrieb. Von 1988 bis 1990 besuchte sie eine Technikerschule, die sie als staatlich geprüfte Elektrotechnikerin beendete. Anschließend war sie bis 1994 bei der Eurocopter Group in der Entwicklung von Systemelektrik für Hubschrauber tätig.
Nicht gerade das übliche Profil einer Ministerin für Landwirtschaft und Ernährung. Auch nicht einer Ministerin für Verbraucherschutz.

Aber das Internet, das ist Technik. Das macht ihr Spaß, der Ministerin, die für Google Street überhaupt nicht zuständig ist, weil es keine Verbraucher gibt, die vor Google Earth zu schützen wären.

Nur, seit wann darf eine Ministerin sich in diejenigen Themen hineinhängen, die ihr Spaß machen, statt sich mit dem zu befassen, wofür sie bezahlt wird?



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