5. März 2011

Zitate des Tages: Der Tyrann Gaddafi und sein einstiger Bewunderer Jean Ziegler. Nebst einem Nachtrag mit Dokumenten

Wir erleben eine fürchterliche Tragödie. Die Libyer, dieses todesmutige Volk, kämpfen für die Werte des Westens, für unsere Werte. Für Freiheit. Für Menschenwürde. Sie rufen "Wir sind das Volk", wie das die Deutschen 1989 gemacht haben. (...) Auch das Waffenembargo bringt überhaupt nichts mehr, Gaddafi verfügt über ein Waffenarsenal wie kein anderer Tyrann der Erde.

Jean Ziegler heute in einem Interview mit sueddeutsche.de.


Das von den meisten westlichen Medien verbreitete Bild eines unbeherrschten Potentaten ist nach meinem Eindruck total falsch. Muammar al-Ghadhafi ist kein nach Willkür schaltender Charakter. Er ist rational, zweckgerichtet, vernunftgeleitet.

Jean Ziegler im Juli 2008 gegenüber der Schweizer Zeitung "Sonntags-Blick", zitiert vom Zürcher "Tages-Anzeiger".


The People's Committee is composed of the International Gaddafi Award for Human Rights in the era of the masses: (...) 13. Mr John Ziegler, Member.

(Das Volkskomitee für den Internationalen Gaddafi-Preis für Menschenrechte im Massenzeitalter setzt sich zusammen aus: (...) 13. Mr John Ziegler, Mitglied).

Aus dem Gründungsdokument des "Gaddafi-Preises für Menschenrechte" (1989).


Kommentar: Könnte er denn nicht jetzt wenigstens schweigen?

Daß übrigens die "Libyer, dieses todesmutige Volk ... für die Werte des Westens, für unsere Werte" kämpfen würden, ist ebenso realitätsfern wie daß Gaddafi "politisch ein Genie" sei (so Ziegler noch vor einem Jahr).

Wenn Sie wissen wollen, worum es tatsächlich in Libyen geht, dann können Sie sich zum Beispiel in diesem Blog informieren: Stratfors Analysen: Die aktuelle Lage in den arabischen Ländern und im Iran. Teil 3: Libyen; ZR vom 21. 2. 2011; Die Stämme Libyens und ihre Rolle im jetzigen Machtkampf; ZR vom 26. 2. 2011 und Die militärische Lage in Libyen und die Rolle Ägyptens; ZR vom 1. 3. 2011).




Nachtrag um 20.30 Uhr: Ich habe jetzt noch etwas genauer recherchiert. Nach dem, was sich dabei ergeben hat, wird man sagen können, daß Ziegler ein sehr eigenartiges Verhältnis zur Wahrheit hat.

Hier ist ein Video, auf dem Ziegler wortreich behauptet, er hätte mit dem Gaddafi-Preis nichts zu tun.

Hier können Sie eine Meldung im Time Magazine vom 8. Mai 1989 lesen, in der es heißt:
The Gaddafi International Prize for Human Rights has a surreal and oxymoronic ring. Libyan strongman Muammar Gaddafi, better known as a patron of terrorism than a benefactor of humanitarian causes, has unaccountably set up a Swiss foundation to bestow an annual award on a Third World figure in the forefront of "liberation struggles." (...)

Swiss Socialist Deputy Jean Ziegler, a member of the jury that selected Mandela, said "ironclad guarantees" assured that Tripoli's influence would not be felt in Geneva.

Der Internationale Gaddafi-Preis für Menschenrechte hat einen surrealen und widersprüchlichen Klang. Der Starke Mann Libyens, Muammar Gaddafi, besser bekannt als Patron des Terrorismus denn als Wohltäter humanitärer Anliegen, hat doch tatsächlich eine Schweizer Stiftung ins Leben gerufen, die einen jährlichen Preis an eine Persönlichkeit der Dritten Welt vergibt, die an der vordersten Front von "Befreiungskämpfen" steht. (...)

Der Schweizer Abgeordnete Jean Ziegler, ein Mitglied der Jury, die Mandela auswählte, sagten, "eiserne Garantien" stellten sicher, daß in Genf der Einfluß von Tripoli nicht zu spüren sei.
Weitere Belege dafür, daß Ziegler an der Vergabe des Gaddafi-Preises beteiligt war, können Sie hier finden. Pikanterweise gehörte er selbst zu den Preisträgern; im Jahr 2002. Er sagt, er hätte den Preis nicht angenommen; es gibt anderslautende Meldungen. Als Grund für die Ablehnung nannte Ziegler damals jedenfalls nicht etwa den Charakter des Gaddafi-Regimes; sondern seine Rolle als Repräsentant der UNO.

Und jetzt stellt Ziegler sich hin und entrüstet sich über den "Tyrannen". Dreist.



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