23. März 2012

Marginalie: Gaucks Rede. Vergessen wir sie

Immerhin: Das Bundespräsidialamt bietet Gaucks heutige Rede nach seiner Vereidigung im Bundestag bereits im Wortlaut an. Keine Selbstverständlichkeit in einem Land, in dem Texte wichtiger Reden oft schwer, mit Verzögerung oder manchmal auch gar nicht im Internet zu finden sind.

Das ist aber auch schon nachgerade das Positivste, was ich zu dieser Rede sagen kann.

Es war die Standardrede, die so ähnlich jeder gewählte Bundespräsident hätte halten können; ein tour d'horizon durch die deutschen Themen und die mit ihnen offiziell zu verbindenden Wünsche und Erwartungen.

Diese Rede glich der Pizza "nach Art des Hauses", auf die der Pizzabäcker alles packt, was er an guten Belägen auf seiner Theke stehen hat. Gauck hat auf sie noch ein paar kleine Stücklein seiner eigenen Zutat "Freiheit" draufgelegt.

Ich bin also enttäuscht. Vermutlich zu Unrecht.

Denn erstens ist Gauck jetzt eben nicht mehr ein subjektiver und origineller Kommentator der deutschen Verhältnisse, sondern der Präsident, dessen Reden von einem Stab von Beratern und Beamten entworfen, mit der Regierung abgestimmt, auf ihre Außenwirkung hin geprüft werden. So ist das nun einmal; und es ist ja auch richtig so.

Zweitens ist es vermutlich klug, wenn Gauck seine Handschrift als Präsident dann sichtbar werden läßt, wenn er wirklich schreibt - und nicht schon, wenn er darüber redet, wie er schreiben wird.

Ein Unglück ist diese Rede nicht. Bemerkenswert ist sie überhaupt nicht. Vergessen wir sie. ­
Zettel



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