4. Mai 2012

Zitat des Tages: "In puncto Logik ist der Feminismus manchmal auf etwa dem gleichen Level wie der Islamismus" (Harald Martenstein)

Es gehört für mich zu den Rätseln der feministischen Theorie, wieso die Geschlechtsunterschiede einerseits gesellschaftlich bedingt sein sollen, andererseits aber Frauen, wenn sie in der gleichen gesellschaftlichen Position sind wie Männer, als Chefin, sich angeblich anders verhalten, weiblich, was dann ja nur biologisch bedingt sein kann. In puncto Logik ist der Feminismus manchmal auf etwa dem gleichen Level wie der Islamismus.
Harald Martenstein in seiner aktuellen Kolumne im "Zeit-Magazin" mit dem Titel "Über eine Kolumnistin und ihre feministischen Thesen: 'Die Kunst des Niederwalzens ist nicht nur Männern gegeben'".

Kommentar: Martenstein befaßt sich in dieser Kolumne mit einer Kollegin, die bei "Spiegel-Online" unter Vertrag ist, Sibylle Berg heißt und eine Befassung vermutlich nicht wert ist. Sie können das ja nachlesen, wenn Sie sich ein paar Minuten für Martensteins Artikel nehmen.

Mir erscheint diese Passage aus zwei anderen Gründen zitierenswert. Erstens wegen des schönen Satzes "In puncto Logik ist der Feminismus manchmal auf etwa dem gleichen Level wie der Islamismus". Eine gezielte Provokation. Denn: Das kann man doch nicht vergleichen! Man darf doch Feminismus und Islamismus nicht gleichsetzen!

Nein, das darf man nicht; bzw. das zu tun wäre sachlich falsch. Aber Martenstein tut es ja auch nicht. Er weist nur auf eine Übereinstimmung in einem bestimmten Punkt hin, und auch das nur "etwa". So macht man das: Hübsch provozieren; aber so, daß man nichts Falsches oder auch nur Übertriebenes behauptet. Diese Kunst beherrscht Harald Martenstein souverän. "Begrenzte Regelverletzung" war einmal ein Ausdruck der Studentenbewegung von 1968, als sie, in ihrer ersten Phase, noch ziemlich friedlich gewesen war.

Was nun das Inhaltliche angeht, so kann man Martenstein natürlich entgegenhalten, daß es eben verschiedene Strömungen des Feminismus gibt; unterschiedliche, auch historisch aufeinanderfolgende Ansätze:

Diejenigen, die "Frau" überhaupt nur als ein gesellschaftliches Konstrukt ansehen, als eine üble Erfindung der Männer zwecks Herrschaft; eine Idee, die natürlich Marx' Idee von Klassenherrschaft entlehnt ist. Um die Frauen besser unterdrücken und ausbeuten zu können, so geht diese Theorie, hätten die Männer ihnen bestimmte Eigenschaften angedichtet; Sanftmut, Mütterlichkeit, dergleichen. Alles nur soziale Konstrukte.

Aber es gibt ja auch Feministinnen, denen es damit nicht genug ist; sondern die aus biologischen und psychologischen Daten die Folgerung ableiten, daß die Frau die biologisch besser geglückte Variante der Spezies Mensch sei. Weniger aggressiv, besser zum Multitasking befähigt, empathiefähiger und so fort.

Und die daraus ableiten, diese Feministinnen der anderen Art, daß somit erst recht den Frauen in der Gesellschaft der ihnen gebührende Platz zu gewähren sei - ganz oben nämlich; jedenfalls mindestens so weit oben wie die Männer.

Für sich genommen ist keine dieser beiden Varianten unlogisch; an Logik allerdings mangelt es einem durchaus geläufigen Feminismus, der irgendwie sowohl die eine wie die andere vertritt; und den Martenstein im Auge hat.



Was mich angeht, so stört mich weniger diese Unlogik als zwei anderen Arten von mangelnder Logik; jede jeweils einer der beiden Varianten des Feminismus eigen:
  • Wenn das Konstrukt "Frau" allein dazu dient, die Herrschaft des Mannes über die Frau zu begründen und zu rechtfertigen - wie können die Feministinnen dieser Sorte dann erwarten, eine solche Herrschaft allein durch einen Appell an die Männer zu überwinden?

    Wenn die Männer die Ausbeuter sind, als welche diese Feministinnen sie sehen, dann ist es doch logisch, daß sie ihre Privilegien verteidigen werden; keine herrschende Klasse gibt ihre Vorteile preis, ohne daß sie dazu gezwungen ist. Seltsamerweise wurden und werden aber durch die Bank die von diesen Feministinnen geforderten Maßnahmen und Gesetze von Instanzen und Gremien beschlossen, die mehrheitlich aus Männern bestehen.

  • Die Unlogik der zweiten Variante des Feminismus besteht darin, daß sie überhaupt gesetzliche Maßnahmen verlangt. Wenn Frauen ohnehin - wie zum Beispiel Gertrud Höhler zu betonen nicht müde wird - die meisten Jobs besser können als Männer, gerade auch in den Führungsetagen der Unternehmen - dann kann man es doch logischerweise diesen selbst überlassen, diesen Vorteil zu erkennen und zu nutzen. Solange der Markt funktioniert, wird dann kein Unternehmen es sich leisten können, zu wenige Frauen in Führungspositionen zu beschäftigen und dadurch im Wettbewerb zurückzufallen.
  • So sehe ich das. Aber mit meiner Sicht will ich diejenige Martensteins keineswegs kritisieren. Die eine Art der Unlogik schließt ja die andere nicht aus. Für Unlogik ist in der Welt viel Platz.­
    Zettel



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