4. Juli 2012

Marginalie: Die Bluttat von Karlsruhe. Ein vorläufiger Kommentar. Aktualisierte Fassung: Pressekonferenz der Polizei

Noch sind die Einzelheiten der Bluttat von Karlsruhe unklar. Die ersten Meldungen sind kaum eine Stunde alt.

Nach dem, was bisher bekannt ist, könnte es sich um einen, kriminologisch gesehen, klassischen Ablauf handeln: Jemand sieht sieht sich existentiell bedroht und wählt die Gewalt, weil er glaubt, sich nicht mehr anders retten zu können.

In diesem Fall sollte eine Wohnung zwangsgeräumt werden. Für viele Menschen ist ihre Wohnung, ihr Haus etwas Existentielles. Es kommt immer wieder vor, daß von einer Zwangsräumung Betroffene sich verschanzen; ihr my home is my castle gewaltsam verteidigen.

Das ist natürlich irrational; denn nie führt es zum Erfolg. Der Desparado, der das macht, wird entweder überwältigt und muß sein Haus oder seine Wohnung doch räumen; oder es endet so blutig wie jetzt in Karlsruhe.

Aber vernünftig, mit Bedacht und nach Erwägung handeln eben diese Menschen nicht. Sie folgen einer atavistischen Tendenz; der Verteidigung des eigenen Zuhauses.




Aktualisierung um 16.30 Uhr: Soeben hat die Pressekonferenz zu dem Fall begonnen. Es spricht Roland Lay, stellvertretender Polizeipräsident von Karlsruhe.

Die Bluttat fand bereits heute Morgen um acht Uhr statt.

Der Täter bat den Gerichtsvollzieher und seine Begleiter (das waren ein Schlosser und ein Sozialarbeiter) in die Wohnung. Dann verschwand er in einem Nebenzimmer und erschien mit einer Pistole. Er forderte alle auf, sich hinzusetzen. Als das der Gerichtsvollzieher nicht sofort tat, schoß der Täter ihn zweimal in den Oberschenkel.

Er zwang dann den Schlosser, die anderen Anwesenden zu fesseln. Als der Täter seinerseits den Schlosser fesseln wollte, versuchte dieser - ein Deutscher türkischer Herkunft - , ihm die Waffe zu entreißen, was aber mißlang. Der Täter schoß dann mehrfach auf den Schlosser und verletzte ihn schwer.

Etwa 40 bis 45 Minuten saßen anschließend die anderen Geiseln auf der Couch. Der Täter erlaubte schließlich dem Sozialarbeiter, den Raum zu verlassen (durch seine Aussage kennt man den Hergang bis zu diesem Zeitpunkt). Der Sozialarbeiter alarmierte die Polizei. Beim Verlassen des Hauses hörte er fünf Schüsse. Wie man jetzt weiß, brachte der Täter zu diesem Zeitpunkt alle Anwesenden und sich selbst um.

Nachdem die Polizei alarmiert war, schickte man alle vefügbaren SEK-Kräfte nach Karlsruhe. Es wurde versucht, über die Handys des Schlossers und des Gerichtsvollziehers Kontakt aufzunehmen. Als das mißlang und man feststellte, daß in der Wohnung ein Brand gesetzt worden war, begann um 11.48 Uhr der polizeiliche Zugriff. Es wurden zunächst vier Leichen und später eine fünfte, die der Wohnungs­eigentümerin, gefunden.

Die Geiseln wurden überwiegend durch aufgesetzten Kopfschuß ermordet, die Wohnungseigentümerin durch aufgesetzten Brustschuß. ­
Zettel



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