10. Dezember 2012

Friedensnobelpreis für die EU - eine Verleihung mit Gschmäckle


Wo mag dieses niedliche Bild zu finden sein, mit dem Friedenstäubchen, im Schnäbelchen ein Schnürlein, daran Sternchen? Und noch ein Wölkchen und Noten, die gewiß ein fröhlich Liedlein symbolisieren sollen?

Sie werden es wahrscheinlich nicht glauben:

Dieses Bildchen, das besser zu einem Kindergeburtstag passen würde, findet man auf der offiziellen WebSite der EU, und zwar als Illustration zu den dort dokumentierten Reden, die heute der Präsidenten des Europäischen Rats, Herman Van Rompuy, und der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, in Oslo gehalten haben.

In gewisser Hinsicht ist die Illustration freilich nicht unpassend. So kitschig-verlogen wie diese Zeichnung ist es, daß jetzt der EU der Friedensnobelpreis verliehen wurde.

Ja gewiß, die europäische Einigung war nach dem Zweiten Weltkrieg ein großes, mutiges Unternehmen; getragen und vorangebracht von großen Staatsmännern wie Konrad Adenauer, Alcide De Gasperi, Robert Schuman und Jean Monnet. Damals, als die Montanunion entstand, als dann 1957 die Römischen Verträge geschlossen, wurden - damals ging es um einen dauerhaften Frieden in Europa; um Versöhnung nach den Kriegen in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts.

Damals wäre es sehr berechtigt gewesen, den Protagonisten gemeinsam den Friedensnobelpreis zu verleihen. Aber heute der EU?

Heute hat das ein Gschmäckle. Denn in der Krise der EU wird der Frieden immer wieder als ein Argument beschworen; als ein Argument gar dafür, daß Griechenland den Euro nicht verlassen dürfe.

Der Zusammenhang ist konstruiert. Mit dem Frieden in Europa hat es exakt nichts zu tun, ob in Griechenland wieder die Drachme gilt oder weiterhin der Euro. Thilo Sarrazin hat das im einzelnen dargelegt.

Daß gerade jetzt der EU dieser Preis verliehen wird, erscheint als flankierende Maßnahme, als Unterstützungsaktion für diejenigen, die das Friedensargument für ihre Politik ins Feld führen. Das ist eine Entwertung des Nobelpreises.

Vielleicht mögen Sie zu diesem Thema lesen:
Das im Irrgarten der Einigung herumtaumelnde Europa; ZR vom 15. 1. 2007

Zerfällt Europa?; ZR vom 3. 11. 2011

Friedensnobelpreis für die EU? Eine seltsame Entscheidung. Vielleicht doch eine kluge Entschei­dung?; ZR vom 12. 10. 2012
Siehe auch die Serie "Europas Krise".
Zettel



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