25. Mai 2014

Ein Kommentar zur Europawahl

Die deutschen Linkspopulisten um Martin Schulz können sich laut der Hochrechnung von 21:43 Uhr über einen Zugewinn von 6,4% freuen.
Allerdings reicht es nicht für die europäischen Sozialdemokraten. Die EVP (Europäische Volkspartei) der auch die Union in Deutschland angehört, wird aller Voraussicht nach stärkste Fraktion im Europaparlament.
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Der Wahlkampf war geprägt von Belanglosigkeit. Die Kandidaten bezogen sich kaum auf Sachthemen. Mein geschätzter Kollege Techniknörgler hat sich mit dem Wahlkampf in diesem Artikel beschäftigt. 
Besonders die Linkspopulisten der S&D (Sozialisten&Demokraten), die in Deutschland ihre politische Heimat in der SPD finden, arbeiteten sich vor allem an den Kritikern des Kurses der Europäischen Kommission ab.

Dabei griffen sie zu einem ziemlich abgenutzten Trick, den Despoten in aller Herren Länder verwenden und der leider immer noch gut zu funktionieren scheint: sie bezichtigten ihrerseits die Kritiker als Populisten

Die von ihnen so bezeichneten Rechtspopulisten verzeichnen nach den aktuellen Hochrechnungen dabei ganz ähnliche Zugewinne von 7% in Deutschland. Deren Partei, die AfD, kandidierte zum ersten mal für das Europaparlament und repräsentierte den einzigen Kontrapunkt im deutschen Wahlkampf.
Sieht man mal von der FDP ab, die immer noch recht erfolglos bemüht ist, ihr Handeln in Übereinstimmung mit ihren liberalen Werten zu bringen. 
Denn auch die Union mit ihrem Spitzenkandidaten McAllister verzichtete auf eine Abgrenzung zu den Linkspopulisten und übernahm weitestgehend deren Fokussierung auf die Euroskeptiker der AfD.

So war auch das aufgebaute Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden europäischen Spitzenkandidaten, Jean-Claude Junker von der EVP und Martin Schulz von der S&D, bei Aufeinandertreffen geprägt von einem gegenseitigen Zuspielen der Bälle.
Für den Wähler war dabei recht unklar, warum er eine Partei des einen Spitzenkandidaten der des anderen vorziehen sollte. 

Die Linkspopulisten der deutschen SPD wurden nach den ersten Hochrechnungen wieder einmal ihrem Ruf gerecht, Wahlergebnisse sehr irrational zu interpretieren. So forderte heute Abend im Willy-Brandt-Haus der deutsche Vorsitzende der Sozialdemokraten, Sigmar Gabriel, trotz des Verfehlens des Wahlzieles stärkste Fraktion im Europaparlament zu werden, den Posten des Kommissionspräsidenten für den Spitzenkandidaten der S&D, Martin Schulz.

Doch auf den Vorschlag eines Kommissionskandidaten hat die Europawahl laut Lissabon-Vertrag Artikel 17 Absatz 7 gar keinen Einfluss. Die Staats- und Regierungschefs der EU schlagen einen Kandidaten vor. Sie müssen lediglich das Ergebnis der Wahl berücksichtigen, nicht aber einen dieser Kandidaten auswählen. Die aufgebauten Spitzenkandidaten täuschen eigentlich nur darüber hinweg, dass der Wahlausgang mit der Wahl des Kommissionspräsidenten nichts zu tun hat.

Interessant wird bei dem zu erwartenden Geschachere das nicht gerade unbedeutende Verhalten Angela Merkels. Denn in Deutschland hält sich der bisherige Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD, S&D), für einen Kandidaten. Ebenso wie Jean-Claude Junker (EVP). Nur kandidiert er bei dieser Wahl im Gegensatz zu Schulz überhaupt nicht für das Europaparlament.
Sondern nur als Spitzenkandidat - den es nicht gibt.
Die deutsche Kanzlerin sollte eigentlich mit ihrer Union, die zur EVP gehört, Junker unterstützen, der sich gar nicht zur Wahl stellte, denn es ging ja um die Wahl der Abgeordneten für das Parlament.
Gegen den ebenso nicht existenten Spitzenkandidaten ihres Koalitionspartners in Deutschland, der SPD, der sich aber wenigstens zur Wahl stellte.

Ebenfalls interessant wird es auch sein, zu erfahren, ob es förderlich ist dem Parlament anzugehören wenn man Kommissionspräsident werden will, oder nicht. Darauf freue ich mich am meisten.

Verwirrt?
Tja, so geht das zu in Europa. Aber eigentlich ist es ganz einfach:
Die Regierungschefs werden in etlichen Kungelrunden mit Abendessen solange feilschen, bis sie sich mit qualifizierter Mehrheit auf einen Kandidaten geeinigt haben, der eine Mehrheit im Europäischen Parlament bekommen könnte. Da wird vielleicht auch der eine oder andere Abgeordnete gehört.

Ein Europäer wird es wohl werden.  

Erling Plaethe


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