21. Juni 2014

Gabriels Populismus


Es sind die aussagekräftigen Zitate von Politikern die einen Einblick in ihr Politikverständnis offenbaren. 
Also im Gegensatz zu den mit Floskeln überladenen Statements in Pressekonferenzen oder den Minireden in Interviews die nicht zu den Fragen passen. 
Nein, wenn der Bürger spüren soll, was für eine tolle Partei da gerade ein großzügiges Nachgeben mit einer Forderung verknüpft, lohnt es sicher genauer hinzuschauen.
So wie gestern. Da hat unser Bundesminister für Wirtschaft und Energie in seiner Funktion als SPD Vorsitzender und vielleicht auch ein bisschen in der als Vizekanzler, den es eigentlich nicht gibt, der aber umso öfter in vielerlei Munde ist, folgendes gesagt:
"Die SPD wird einen Kommissar der Union akzeptieren - sofern Martin Schulz zum Präsidenten des Europaparlaments gewählt wird."
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Jedes EU-Land entsendet einen Kommissar, welcher vom EU-Parlament befragt wird. Dann gibt es eine Stellungnahme über die Befragung ab. Es bestätigt alle Kommissare oder keinen. Einzelne Kommissare auf Grund der Befragung sozusagen durchfallen zu lassen, ist dem EU-Parlament nicht möglich.

Nun gibt es seit gestern Gerüchte, nachdem sich die beiden stärksten Fraktionen im EU-Parlament, EVP und die SPE, geeinigt haben, dass Martin Schulz wieder EU-Parlamentspräsident werden soll und Jean-Claude Juncker Kommissionspräsident. 

Also warum tut Herr Gabriel so, als würden diesen europäischen Personalfragen in Deutschland unter den beiden Koalitionspartnern ausgehandelt?

Und wieso denkt Herr Gabriel, dass die Union festlegen kann, wen das Europaparlament zu seinem Präsidenten wählt?

Nur mal zur Erinnerung:
Der Anteil der Union in der EVP-Fraktion beträgt 34 Abgeordnete - von 221 und in der SPE-Fraktion sitzen 27 SPD-Abgeordnete von 191.

Gabriel meint wohl mit der Suggestion, in Europa tanze alles nach der deutschen bzw. nach seiner Pfeife, die krachende Niederlage von Martin Schulz in einen Sieg umzumünzen. Der deutsche Wähler ist seiner Ansicht nach wohl nur für Europa zu begeistern, wenn er das Gefühl vermittelt bekommt, seine Institutionen zu  beherrschen.
Europäischen Rat und EU-Parlament. Was auch immer dieses Parlament entscheidet, es steht für ihn vorher fest. Das scheint seine Vorstellung von Parlamentarismus zu sein.

Sollte die Entscheidung zwischen EVP, SPE und Rat tatsächlich so gefallen sein, dass sich Herr Schulz erneut zur Wahl zum Parlamentspräsidenten stellt und Juncker Kandidat des Rates für den Kommissionspräsidenten wird, hätte Sigmar Gabriel dies im aller billigsten Populismus als Eingehen auf seine Forderung, die der Hauch von Erpressung umweht, verkauft.
Genau das ist die Art von Politik, wie sie der Chef der deutschen Sozialdemokratie versteht - hier und in Europa.
Erling Plaethe


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