23. Dezember 2014

Der Anfang vom Ende ukrainischer Blockfreiheit


Der Gesetzgeber in der Ukraine hat den Weg für die Beendigung der Blockfreiheit des Landes freigemacht und der seit 1997 bestehenden Partnerschaft mit der NATO die Möglichkeit eröffnet, in eine Mitgliedschaft zu münden.
Die Blockfreiheit wurde durch Russland 2010 erzwungen und da Russland seinen verbalen Zwangsmaßnahmen auch militärische hat folgen lassen, war es nur konsequent, sich diesem Diktat zu entziehen. Sie sollte die Ukraine vor dem Schicksal Georgiens bewahren.
Nun, da Russland die europäischen Grenzen abermals nur noch nach eigenem Ermessen respektiert, hat das Parlament die Blockfreiheit wohl als unzureichenden Garanten angesehen, um sich vor dem seit 2008 auferstandenen russischen Imperialismus zu schützen.
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Das freie ukrainische Volk, welches nicht unter der Diktatur von Volksdemokraten leidet, wird über die Blockfreiheit seines Landes abstimmen.

Russland dagegen hat schon mal verdeutlicht, was schon beim NATO-Gipfel in Wales stärkere Berücksichtigung hätte finden sollen, aber wegen Deutschland nicht gefunden hat:
... ein Antrag auf Beitritt zur Nato und macht aus der Ukraine einen potenziellen militärischen Gegner Russlands.
Das schrieb Russlands offizieller Regierungschef, Dimitri Medwedew, auf Facebook. Mein geschätzter Kollege Ulrich Elkmann hat freundlicherweise den gesamten Facebook-Eintrag Medwedews frei übersetzt:
Президент США подписал антироссийский закон, дающий право использовать санкции против нашей страны в любое время любому американскому президенту. Как и в случае с законом Джексона-Вэника, наши отношения с Америкой будут отравлены на десятилетия. Президент Украины направил в Верховную Раду законопроект об отказе от внеблокового статуса своего государства. По сути – заявку на вступление в НАТО, превратив Украину в потенциального военного противника России. Оба этих решения будут иметь крайне негативные последствия. И нашей стране придется реагировать на них. 
Der Präsident der USA hat ein antirussisches Gesetz unterzeichnet, daß es ihm ermöglicht, zu jeder Zeit Sanktionen gegen unser Land zu verhängen. Das wird, wie die Jackson-Vanik-Klausel, unser Verhältnis zu Amerika auf Jahrzehnte hinaus vergiften. Der Präsident der Ukraine brachte einen Antrag im Parlament ein, nach dem der blockfreie Status des Landes aufgegeben werden soll. Das ist [ergänze: im Effekt] ein Antrag zum Beitritt zur NATO; damit würde die Ukraine zum militärischen Gegner Russlands. Beide Entscheidungen werden sehr negative Folgen nach sich ziehen, und unser Land wird darauf reagieren müssen.
Daraus folgt dreierlei:
Die NATO ist damit offiziell von Russland zum potentiellen Gegner erklärt worden.
Der NATO-Russland-Grundakte von 1997 fehlt somit die wichtigste Basis.
Und es zeigt, wie die russische Propaganda funktioniert.

Es ist nicht die NATO die von einem Gegner spricht, Grenzen und Verträge bricht und Gebiete annektiert. Wäre es so, dann würden wir in Europa Zeuge von Friedensdemonstrationen werden, die auch die gegen den Vietnamkrieg bedeutungslos erscheinen liessen.

Medwedew beließ es auch nicht bei der Klarstellung, wer Russlands potentieller militärischer Gegner ist. Er droht auch Reaktionen an. Angesichts des andauernden Krieges den Russland gegen die Ukraine führt, steht zu befürchten, dass diese Reaktion auch militärischer Natur sein wird.

Die Ukraine soll von Russland bestraft werden, weil sie im Angesicht der Besetzung von Territorien im Südosten des Landes und der Annexion der Krim durch Russland Partner sucht, die ihre Verteidigungsfähigkeit verbessern helfen sollen. 
Das ist es, was Putins Russland aggressiv macht:
Die Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft seiner Nachbarländer.

Was die Propaganda anbelangt:
Obama hat am 18.12.2014 den "Ukraine Freedom Support Act" des amerikanischen Gesetzgebers unterzeichnet, womit er in Kraft tritt. Bestandteil des Gesetzes sind auch Sanktionen. Die aber will Obama erst nach Abstimmung mit seinen europäischen Partnern in Kraft setzen.
Dieses Vorgehen vergleicht Medwedew nun mit der bis 2012 andauernden Weigerung der USA, Russland die "Meistbegünstigung" im Handel zuzugestehen. Allerdings existierte diese Jackson-Vanik-Klausel laut "Moscow Times" seit 1993 nur noch auf dem Papier. 

Was ist nun der "vergiftende" Moment? 
Dass eine bestehende Klausel nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr zur Anwendung kam? 
Dass Obama die vom Kongress beschlossenen Sanktionen zurückhält, um Russland die x-te Möglichkeit zu bieten ihren Krieg gegen die Ukraine zu beenden und die annektierten Gebiete zurückzugeben?
Dass Russland eine Geduld, Gesprächsbereitschaft und Nachsichtigkeit entgegengebracht wird, die im krassen Gegensatz zu den Täuschungen und Unwahrheiten steht, die die russische Führung so lange betreibt und behauptet, bis die Beweise für das Gegenteil so erdrückend sind, dass dann eingeräumt wird, was vorher vehement als Lüge bezeichnet wurde?
Wie zum Beispiel der Einsatz russischer Soldaten bei der Annektierung der gesamten Krim.

Erling Plaethe

© Erling Plaethe. Mit herzlichem Dank an Ulrich Elkmann.
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