6. Januar 2016

Wenn das Naheliegende zur Überraschung wird


Kann es eigentlich wirklich überraschen, was an Sylvester in Köln, Hamburg und, wenn auch in geringerem Maßstab, in Stuttgart passiert ist? 

Zumindest einige der mehr oder minder bekannten Politiker scheint es wirklich zu überraschen, anders ist die hilflose Wortwahl und die lächerliche Argumentation ("müssen mit aller Härte des Gesetzes verfolgt werden", "eine neue Dimension", "darf jetzt nicht von Rechten missbraucht werden") kaum zu erklären. Insbesondere unser Justizminister erleuchtet die Presselandschaft mit einer solchen Fülle an leeren Worthülsen und Plattitüden, dass sich der Eindruck geradezu aufdrängt, er sei wirklich von dem was dort passiert ist, schockiert und überrascht worden.
Natürlich kann man weder vom politischen Establishment noch von der Presse erwarten, dass sie zu diesem frühen Zeitpunkt auch nur in Erwägung ziehen würde, dass "diese neue Dimension" irgendetwas mit den politischen Entscheidungen der letzten Monate zu tun haben könnte. Zu groß wäre die Gefahr, weniger den "Rechten in die Hände zu spielen", sondern eventuell selber gefragt zu werden, ob das eigene Versagen auch einen Teil zu dem beizutragen hat, was sich dort ereignet hat. Wobei man wenigstens zur Verteidigung von Presse und Politik sagen muss, dass noch nicht feststeht, was wirklich im Einzelnen abgelaufen ist. (Wobei dieser Autor keinen, ja nicht den geringsten Zweifel daran hat, dass, wenn es zu ähnlichen Ausschreitungen gegen muslimische Mädchen gekommen wäre, sich Frauke Petry und Konsorten kaum vor Mikrofonen retten könnten, um auf die Frage zu antworten, welche Verantwortung die AfD für die Verbrechen nun genau trägt.)

Sei dem wie es will, interessant ist, dass bei näherer Reflektion das Geschehene eigentlich nicht wirklich überraschen kann und in seiner angeblichen Einmaligkeit eben so einmalig nicht ist. Einmalig ist es bisher eben nur in Köln. Bisher. 
Gewalt gegen alles was sich nicht oder nur schlecht wehren kann, seien es Kinder, Behinderte, religiöse oder sexuelle Minderheiten oder eben auch Frauen, ist weltweit eben nichts seltenes. Das gibt es sogar recht häufig. Genaugenommen gibt es das nahezu in allen Ländern, die wir nicht zur ersten Welt zählen und selbst in dieser ersten Welt ist Gewalt gegen Schwächere zwar deutlich geringer, aber immer noch vorhanden. In Ländern der arabischen Welt gehört diese Form von Gewalt zum Alltag, sie ist Teil der Kultur, das ist eigentlich auch nicht wirklich ein Geheimnis. 
Wenn nun Menschen zu hunderttausenden, wenn nicht inzwischen Millionen, nach Europa strömen, dann geben diese ihre kulturellen Wurzeln nicht an der Haustür ab. Es wäre absurd, geradezu grotesk, das zu glauben. Und selbst wenn man es nur in Erwägung ziehen würde, so würden einen die London-Riots oder die "Unruhen" in den Banlieues von Paris vor einigen Jahren eines besseren belehren.
Aber erstaunlicherweise haben sich zumindest die deutschen Medien, ebenso die deutsche Politik, auf diese Idiotie eingeschossen. Man meint, wenn man diesen armen Verfolgten nur erst die Werte des Grundgesetz gelehrt hat, dann erkennen die diese Weisheit von ganz alleine und alles ist in Butter. 20 Jahre lang soll ein Mensch gelehrt bekommen, dass Männer über Frauen herschen, aber das ändert sich, wenn man den Leuten ein Stück Papier in die Hand drückt. 20 Jahre lang erleben Menschen einen schlecht funktionierenden Staat und erleben ein Gemeinwesen, dass mehr auf Beziehungen als auf Regeln aufgebaut ist, aber das ändert sich, wenn man ihnen am Bahnhof einen Teddybär in die Hand drückt. 
Wie kann man so etwas unglaublich Dummes tatsächlich glauben? Wie naiv und dumm muss ein Justizminister sein, der plötzlich völlig überrascht ist, dass sich unter aberhunderttausenden von jungen Männer, auch tausende wenn nicht zehntausende befinden, die sich einen Driss um die Gefühle anderer scheren und sich mit Gewalt nehmen, woran sie nicht gehindert werden?
Überraschung? Für wen denn? Sicher nicht für den, der mal darüber nachdenkt, was für Menschen denn da kommen. Es gibt diesen dummen Spruch davon, dass man (vor Jahrzehnten) Arbeiter wollte, aber es kamen Menschen. Nun, heute müsste man sagen, man wollte Zuwanderer, aber man bekam eben auch Menschen. Und zwar nicht nur eben die ständig Geldbörsen findenden Chirurgen aus Aleppo, sondern eben auch hunderttausende junger, ungebildeter Männer, im Vergleich zu Europa sehr agressiv erzogen, mit einem gewaltigen Anspruch und gleichzeitig wenig Chancen. Mit wenig bis gar keinem Respekt vor Schwächeren und keinem Respekt gegenüber staatlichen Autoritäten, die sich nicht mit brutaler Gewalt durchsetzen. Was zum Henker will man da erwarten ? Das die alle Kumbaya auf der Domplatte singen mit dem Grundgesetz in der Tasche und einem Lächeln im Gesicht?
Wer immer sich derzeit überrascht zeigt, der belegt eigentlich nur, dass er entweder selber grenzenlos naiv gewesen ist oder sich einfach geweigert hat darüber nachzudenken. Wissen Sie, lieber Leser, was ich überraschend finde? Das noch so wenig passiert ist. Ich denke das das erst mal ein Vorgeschmack war auf das, was noch kommen wird. Gewalt hat viele Ursachen. Eine ist Frustration. Zum Beispiel die, wenn das Versprechen auf ein besseres Leben, dass die "Mutter der Gläubigen" einem gegeben hat, nichtmal für eine zwei Zimmer Wohnung und einen Job als Gärtner genügt. Was wird erst passieren, wenn diese Frustration sich niederschlägt?

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Llarian


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