27. Februar 2016

Reformations-Jubiläum für gespaltene Christen

Dürer zu Martin Luther 1521

Es gibt von Albrecht Dürer eine Reihe von Federzeichnungen zur Szene, wie Jesus im Ölgarten um sein Ja zum drohenden Tod ringt, während die Jünger schlafen und dann feige fliehen. In vielen Fassungen Dürers zur Passion kniet Jesus, betet oder reißt die Arme hoch, als der Engel Trost bietet. In anderen Fassungen aber liegt der Leib ganz hingestreckt auf dem Felsen, wie gekreuzigt. Diese Interpretation berührt mich am stärksten, weil Jesus so auf dem Erdboden ausgestreckt liegt, als wolle er die Welt, das Leben umarmen. Dieses Gegenstück zum späteren Ausgestrecktsein am Kreuz ist wie aus der neuzeitlichen Empfindung geboren, es entspricht einer modernen Fragestellung: Was wird aus der geliebten Welt? War durch die Entdeckung Amerikas der Blick auf unsere Erdkugel stärker zu einer horizontalen Heilsfrage geworden?

25. Februar 2016

Darf man heute eigentlich noch optimistisch sein? Gedanken zu Zettels drittem Todestag


„Es ist schlimm. Alles ist schlimm und wird immer schlimmer.“ „Schlimm sagst du? es ist eine Katastrophe, ein Desaster! Alles geht den Bach runter, da machst du nix mehr dran. Wir sind alle verraten und verkauft. Komplett im Eimer."

So und in dieser Art klingt es allenthalben. Im Internet. in den Nachrichten. In den Diskussionsrunden und wohl auch an vielen deutschen Küchentischen. Stimmung und Diskussionskultur sind gleichermaßen an einer Art Tiefpunkt angekommen, und das unabhängig von der politischen Richtung, die vertreten wird. Natürlich gibt es immer noch die Problemignorierer und Gesundbeter, etwa im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Aber dazwischen scheint es nicht mehr viel zu geben. Lediglich die Schuldfrage an den "Verhältnissen" wird, je nach politischem Standpunkt, herumgereicht: die Migranten, die Bundesregierung oder die Nazis. Oder -auch sehr beliebt- alle zusammen. Was ist mit uns Deutschen eigentlich los?

21. Februar 2016

Hetze, Hass und Dunkeldeutschland.


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Es ist tatsächlich ein trauriges Bild, das dieser Tage wieder sichtbar wird. In Bautzen brennt ein geplantes Asylantenheim nieder und es gibt Leute, die sich darüber freuen. Der dortige Ministerpräsident (Tillich) gab daraufhin zu Protokoll: „Das sind keine Menschen, die so was tun. Das sind Verbrecher.“
Ob er sich dabei auf das Bejubeln des Brandes bezog, oder ob er damit den „Mob“ meint, der am Donnerstag einen Bus voller Flüchtlinge blockiert hat, ist nicht ganz geklärt. Vermutlich meint er beide. Unser Justizminister glänzte zu denselben Vorfällen mit der Erkenntnis: „Wer unverhohlen Beifall klatscht, wenn Häuser brennen, und wer Flüchtlinge zu Tode ängstigt, handelt abscheulich und widerlich“. Im selben Interview gab er noch folgenden Satz von sich: „Verbalradikalismus ist immer auch die Vorstufe zu körperlicher Gewalt.“
Dieser Satz hat es mir zugegebenermaßen angetan. Vielleicht auch deshalb, weil etwas ähnliches die Woche vom Vizekanzler Gabriel gekommen ist, der in einem Interview mit der Rheinpfalz zu der Erkenntnis kam, dass der Grund für die derzeitige Radikalisierung der Politik, darin liege, wie Demokraten übereinander redeten. 

12. Februar 2016

Das Geld der anderen oder „Ist Deutschland wirklich so reich?“


Die Aussage das Deutschland furchtbar reich ist gehört nicht erst seit der Flüchtlingskrise zur Talkshowfolklore. Auch dieser Autor wird nicht verhehlen, dass er die Aussage durchaus das eine oder andere Mal getroffen hat (mea culpa). Dennoch ist ihre Pauschalität natürlich hart am Rande dessen, dass man sich fragen muss, was man damit überhaupt aussagen will. Denn, praktisch und deshalb auch in jeder Talkshow sehr beliebt, ist die Interpretation der Aussage auch vergleichsweise beliebig. Höchste Zeit ein bisschen zu reflektieren was es eigentlich bedeutet. 

10. Februar 2016

Umfragen und ihre Aussagen


Umfragen sind vielfältig. Sie können seriös oder tendenziös, gekauft oder wissenschaftlich (das heißt unter Anderem der Wahrheitssuche verpflichtet) sein. Manche Menschen sprechen Umfragen, wohl nicht ganz zu unrecht, auch eine beeinflussende Wirkung zu. Denn, so das Argument, der Herdentrieb mache einen anfällig, sowohl für postulierte Mehrheiten wie auch Trends, wie beispielsweise eine im Auftrieb befindliche Partei oder Position. Im amerikanischen nennt man letzteres "momentum" und es wird in der Regel intensiver wahrgenommen, wenn es der von einem selber schon längst präferierten Partei, Kandidaten oder Position zugute kommt. Entsprechend ist auch der Vorwurf der Manipulation häufig nicht weit.
Die zwei wichtigsten aktuellen Trends in der deutschen Meinungslandschaft werden jedoch von jedem wahrgenommen, der sich etwas politisch interessiert. Da wäre zum einen die enorme Zunahme der Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, zum anderen der Aufwärtstrend der AfD.

9. Februar 2016

Imbeziles, fast unkommentiert. Zu einem Satz von Angela Merkel


Daß Frau Merkel, höflich gesagt, keine Meisterin der gesprochenen Sprache ist, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Die hilflose Reihung von unabgeschlossenen Satzfragmenten, die Banalität und oft vollkommene Inhaltslosigkeit ihrer Äußerungen, nicht zuletzt der peinliche Eindruck, daß die Regierungschefin eines des führenden Industrieländer der Welt außerstande sein könnte, ohne die Hilfe eines Teleprompters einen korrekten oder auch nur abgeschlossenen Relativsatz in freier Rede in der eigenen Muttersprache zu  formulieren (ein Eindruck, der sich freilich auch bei ihrem US-amerikanischen Amtskollegen aufdrängt) - dieser Eindruck ist auch von anderen Beobachtern hervorgehoben worden, nicht zuletzt von Alexander Wendt oder Michael Klonovsky (in seinem actum diurnum vom 25. September 2015). Aber was Frau Merkel anläßlich ihres Besuchs am gestrigen Montag geäußert hat, hat doch eine andere Qualität, wie in diesem Bericht des Münchner Merkur nachzulesen ist: 

6. Februar 2016

Pünktlich zum Karneval: Eine Witzfigur macht sich lächerlich.



Zugegeben, es ist still geworden um den großen Enthüller staatlicher Geheimnisse, der letzte Artikel in diesem Blog zu Julian Assange ist noch von Zettel selbst im Jahr 2012 veröffentlicht worden. Das mag wohl daran liegen, dass er sich vor etwas mehr als drei Jahren in ein selbstgewähltes Gefängnis in Form der Botschaft von Ecuador begeben hat, auf der Flucht vor der schwedischen Justiz. Schon damals waren seine Einlassungen zur amerikanischen Justiz, die ihn über den ganzen Erdball jagt (und vermutlich immer noch Bauschmerzen vor Lachen haben dürfte), ein wenig, sagen wir mal eigenwillig, aber Julian Assange wäre ja nicht er selbst, wenn er nicht noch was zum Nachlegen hätte.

3. Februar 2016

Angst ? Nein, wir doch nicht. Aber sowas von nicht. Eine kleine Phillipika.



Angst haben wir nicht. Das ist zumindest die Parole die Henriette „Armlänge“ Reker dieser Tage ausgibt. Wovor sollte man auch Angst haben, doch sicher nicht vor ein paar grabschenden Ausländern (© J. Augstein)? Und schließlich hat man sich doch die letzten Wochen bemüht durch Broschüren die letzten Grabscher noch davon zu überzeugen, dass das in Deutschland irgendwie nicht erlaubt ist und die Vorgänge von Sylvester nicht ganz in Ordnung waren.