24. August 2014

Ist der Feind meines Feindes mein Freund?

Sollte aus einem Feind, der auch ein Feind eines anderen Feindes ist, ein Partner werden können?
Folgt man dem Rumoren im internationalen Blätterwald, ist dies bei nicht wenigen politischen Kommentatoren der Fall. Zuweilen wird eine neue Sicherheitsarchitektur gesehen, die dringend gebraucht würde
Es geht um ein Land, dass zu einer Achse des Bösen gezählt wurde. Nicht ohne Grund. Es finanziert die Terrororganisationen Hamas und Hisbollah die Israel vernichten wollen und auch der neu gewählte Präsident will den jüdischen Staat Israel beseitigen.
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Es geht um eine Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet zwischen den USA und dem Iran bei der Bekämpfung des IS.

Das schiitische Regime im Iran ist nicht das einzige, welches den IS bekämpft. Auch das Assad-Regime steht in dem fast 200.000 Tote fordernden Krieg in Syrien dem IS und der al-Nusra-Front der Al-Qaida gegenüber. 
Die Hisbollah im Libanon wäre auch noch hinzuzuzählen - und die Hamas, die vorerst den Iran als Hauptlieferanten für ihr militärisches Arsenal verloren hat und sich an den IS gewandt hat.

Was also ist in Bezug auf den Iran so grundsätzlich anders als bei den anderen Gegnern des IS?
Was sind die Kriterien? Wird der Einsatz von Massenvernichtungswaffen abgewogen gegen den Vernichtungswillen gegenüber einem ganzen Staat?  

Der Krieg der vom Iran aufgerüsteten Hamas gegen Israel dauert noch an und Teheran fordert die Fortsetzung der Angriffe auf Israel. Die Position des Iran in den Atomverhandlungen ist so doppeldeutig wie eh und je, während Anfang Juli der oberste iranische Führer Ali Khamenei den Ausbau des Anreicherungsprogramms ankündigte.

Es ist schon grotesk. Da wird der Iran gelobt, weil er bei der Absetzung des irakischen Ministerpräsidenten Maliki keine Probleme bereitete, der durch  einen Vertrauten des iranischen Ministerpräsidenten, Abadi, ersetzt werden wird. 
Einem Politiker der weit mehr Irans Ministerpräsident im Irak sein wird, als es Maliki vermutlich je war.
Und damit gilt der Iran nun als stabilisierender Faktor in einem Irak, der erst durch seinen Einfluss auf die Bildung eines schiitischen Regimes zu zerfallen droht.

Die nach dem Ende des sunnitischen Aufstandes 2007 - und der Trennung der sunnitischen Stämme vom den sich jetzt IS nennenden Barbaren - beschlossene Vereinbarung zur Machtbeteiligung der Sunniten scheiterte nicht nur an Teherans Marionette Maliki, sondern vor allem an der Hegemonie des Iran über den Irak. 
Sein Machtzuwachs und die gebrochenen Versprechen gegenüber den irakischen Sunniten haben die Basis für den erneuten Aufstieg des IS im Irak erst geschaffen.

Wenn der Westen diesen Weg einer stillen Kooperation mit Teheran beschreitet, kann er zum Einen schwer erklären, warum er dann nicht auch Assads Regime und die Hisbollah im Kampf gegen den IS unterstützt und zum Anderen schwächt er seine Position in den Atomverhandlungen mit dem Iran. 
Aber vor allem schwinden die Chancen auf eine Isolierung des IS unter den irakischen Sunniten. Und hier liegt der Schlüssel zur erfolgreichen Bekämpfung des IS.
Der Krieg in Syrien und der Krieg des IS ist neben der Barbarei ein religiöser zwischen Sunniten und Schiiten. Er wurde gefüttert, weil die Länder der Arabischen Liga eine Verschiebung des Machtgleichgewichts hin zum schiitischen Iran fürchten und eine atomare Bewaffnung des Landes. 

Solch eine Kooperation würde in erster Linie die Interessen des Iran bedienen, der versucht, die sehr wirksamen Sanktionen abzuschütteln ohne ernsthafte Abstriche an seinem Atomprogramm machen zu müssen. Amerika akzeptiert damit auch gleichzeitig die Ausweitung des iranischen Machtbereichs auf den Irak. 
Das werden weder die Sunniten noch die Kurden akzeptieren.

Es sind Zweifel angebracht, ob für Syrien eine entgegengesetzte Politik möglich ist, wo die Freie Syrische Armee praktisch kaum noch existiert. Auch hier würde Amerika den Einfluss des Iran sichern helfen.

Sicher, für extreme Bedrohungen müssen mitunter hohe Preise bezahlt werden.
Nur dieser beendet die glaubwürdige neutrale Position der USA in einem islamischen Krieg und im Nahen Osten insgesamt.  

Die israelische Regierung ist besorgt und könnte sich die Frage nach den Gründen für die unterschiedliche Einordnung von IS und Hamas stellen. Warum Ägypten und Saudi-Arabien z.B. mehr Interesse an einer Bekämpfung der Hamas haben, als Europa und Amerika.

Wird demnächst auch Al-Qaida so wie die Hamas eingeordnet, weil die Barbarei jetzt einen neuen Meister hat? Wird die al-Nusra-Front zum Partner wenn Assad nicht vom Feind des Feindes zum Freund wird?

Der Kampf gegen den IS ist zunächst einer der Zentralregierung des Irak. Ihr kann und muss geholfen werden, noch viel mehr dem autonomen kurdischen Nordirak. Dort gibt es einen Partner für den Westen.
Eine Kooperation Amerikas oder Großbritanniens mit dem Iran ist überhaupt nicht nötig. Auch keine offiziellen Statements von den Außenministern beider Länder. 
Was drängt, ist die Erfüllung der Zusagen an die Sunniten im Irak. Diese Aufgabe ist wohl nur gegen den Widerstand des Iran zu bewältigen.
Der designierte Ministerpräsident Abadi muss daran gemessen werden und nicht wessen Patronage er sich erfreut. Das wird schon bei der Regierungsbildung beginnen. 

Der Iran ist immer Teil des Problems, nicht der Lösung. Auch in Syrien, im Libanon und im Gaza-Streifen. 

 Erling Plaethe


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