3. August 2014

Wirkungen der Raumplanung. Ein Gedankensplitter zu Bauland, Häusern und Mietwohnungen.


Deutschland ist ein sehr schwer verplantes und damit auch deutlich unfreies Land. Ein Gebiet das dabei nicht so oft diskutiert wird – erstaunlicherweise - ist die Frage was (!) man wo (!) bauen darf. Die Basis dessen ist weniger die Frage wem das Land am Ende gehört, als die Frage was eine Gemeinde in den sogenannten Bauleitplan reingeschrieben hat oder reinzuschreiben gedenkt. Simpel gesagt: Ob und was man auf einem Stück Land etwas bauen darf, entscheidet nicht (!) der Eigentümer eines Grundstückes, sondern der Staat. Eigentlich gibt es so gesehen kein wirkliches Eigentum an Grundstücken in Deutschland, aber das offen zu sagen wäre vielleicht zu auffällig.
­

Nun kann man unterschiedlicher Meinung sein, wie frei jemand mit seinem „Pseudoeigentum“ Grundstück umgehen darf. Das berühmte Beispiel wird immer gerne genommen, das keiner eine Fabrik auf dem Nachbargrundstück haben möchte. Das das freilich auch in Ländern, die keine Bebauungspläne kennen, aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht passiert, ficht dabei die Allesplaner nicht an. Unabhängig von der persönlichen Meinung, sollte man sich aber auch einmal Gedanken machen, was diese massive Planung für eine Wirkung entfaltet. Und zwar im monetären Sinne.
Der durchschnittliche Preis für Bauland liegt derzeit bei über 130 Euro pro Quadratmeter, und diese Zahl ist für jemanden, der nach Bauland sucht, eigentlich noch zu niedrig, denn die großen Flächenländer, in denen wenig Menschen wohnen, ziehen die Statistik nach unten. Man kann sagen, dass dort, wo viele Menschen leben (beispielsweise NRW oder Bayern), das Bauland teilweise bis zu 200 Euro im Durchschnitt (!) kostet. In Randgebieten von Düsseldorf, München oder Frankfurt auch gerne mal das doppelte. Dem gegenüber steht der Preis für Ackerland und dieser liegt so um die 3-4 Euro. Wow. Jetzt wird natürlich jeder erst einmal darauf hinweisen, dass das Bauland ja auch erschlossen worden ist. Nur erklärt das die Preissteigerung nicht. So liegen die Kosten für Bauland in oben erwähnten, „dünn besiedelten“ Gebieten bei um die 30-50 Euro. Und das Erschließen kostet in Bayern nicht das Fünffache dessen, was es in Thüringen kostet. Eine ebenso passende Beobachtung besteht darin, dass sich der Preis für Bauland in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht hat und auch das kann die Erschließungskosten kaum betreffen (die Kosten für Straßen, Rohrleitungen und Kabel haben sich in 20 Jahren nicht verdreifacht).
Ganz simpel gesagt: Das Bauland ist teuer, weil es knapp ist. Wer macht es knapp? Der Staat. Und das in teilweise geradezu dreister Art und Weise. Ich habe früher in einer Gemeinde gelebt, in der die Stadt von einigen ansässigen Bauern Land erworben hat und anschließend den Bauleitplan so auswies, das ihre (und nur ihre) Grundstücke zu Bauland wurden. Die Landwirte, die nicht verkauften, bekamen kein Bauland ausgewiesen. Dort läuft heute eine genaue Grenze zwischen den Gebieten, die verkauft wurden und die, die nicht angeboten wurden. Die (massive) Wertsteigerung der Grundstücke hat die Gemeinde alleine einkassiert. So kann man auch Geld machen. Das die selbe Stadt gar kein Interesse daran hat, dass die Preise für Bauland sinken, kann man sich denken. Weitere Interessengruppen gibt es ebenso, seien es Grundstücksbesitzer oder auch einfach Baugesellschaften (die nebenbei gerne in städtischer Hand sind). Wer eine Ware besitzt, will nicht, dass sie billiger wird, Knappheit ist gut für den Anbieter.
Auf der zweiten Seite eines Hausbaus, dem Haus selber, hat es sich fast noch schlimmer entwickelt. Es gibt inzwischen mehr Vorschriften, wie ein Haus zu bauen ist, als ein privater Bauherr auch nur in seiner normalen Freizeit lesen könnte. Das fängt bei der Art an, wie sein Gebäude angelegt wird und zieht sich bis zu der Frage, wie er sein Dach zu isolieren hat (wer die einschlägige ENEV kennt, weiß ein Lied davon zu singen). In der Folge wird ein Hausbau immer teurer. Wer nicht selber deutliche Eigenleistungen einbringen kann (und nicht jeder ist Maurer oder Handwerker), der steht bei einem durchschnittlichen Haus von vielleicht 150 qm Wohnfläche zuzüglich Keller bei einem Preis von über 300.000 Euro. Zusammen mit dem Grundstück von vielleicht 500 qm, kommt man dann inklusive Nebenkosten (der Staat will ja noch mal zusätzlich kassieren, schönen Gruß von der Grunderwerbssteuer und dem Notar) ganz schnell auf die halbe Million.
Ein halbe Million. Und dann fragt man sich: Wer kann sich das noch leisten? Ein normaler Angestellter oder Arbeiter als Alleinverdiener jedenfalls nicht. Und ein Doppelverdienerpaar aus einfachen Verhältnissen auch nicht. Das muss man nicht schlimm finden, nur sollte man auch klar sagen, woran das liegt. In den USA beispielsweise ist es für eine Familie der unteren Mittelschicht durchaus erschwinglich ein Haus zu besitzen. Das hat zwar nicht die vierfache Verglasung eines deutschen Niedrigenergiehauses und steht auch keine 150 Jahre, aber die Familie wird darin trotzdem groß. Und schön können die durchaus sein.
Das Absurdeste am Ganzen (in meinen Augen) ist noch, dass wir ja in Deutschland diesen komischen Begriff der sozialen Gerechtigkeit überall anbeten. Nun, wo ist diese hier zu finden? Sogenannte Dinks (double income, no kids) können sich auch in Deutschland irgendwann Häuser leisten. Unternehmer auch. Beamte, wenn sie verheiratet sind, auch. Einfache Angestellte und Arbeiter dagegen nicht. Familien mit Kindern dann auch eher nicht mehr. Die dürfen brav Miete zahlen. Vor allem an die, die mehr haben (das ist mal eine echte Verteilung von unten nach oben). Vor 40 Jahren konnten sich einfache Angestellte auch Häuser kaufen und bauen und mussten dann eben nicht ihr Leben lang Miete zahlen. Dann kam man vielleicht sogar im Alter auf einen bescheidenen Wohlstand. Zumindest das Haus konnte man irgendwann verkaufen oder den Kindern hinterlassen. Wenn das Geld heute stattdessen für Miete gebraucht wird (weil die Häuser staatlich teuer gemacht sind), dann wird das nicht mehr passieren.
So nett die Raumordnung und die ganzen Baugesetze mal gemeint waren, ihre Wirkung ist inzwischen verheerend. Der Schutz einer Fledermausart bedingt Rücksichtnahme in Bebauungsplänen, aber die Tatsache, dass sich Millionen Familien kein Haus mehr leisten können, weil die Preise künstlich hochgehalten werden, die geht dabei vollkommen unter. Heute werden Regierungen gewählt, die versprechen als große Maßnahme der nächsten vier Jahre vielleicht einen Prozentpunkt Steuern zu senken (der dann in vier Jahren wiederkommt). Wenn es einer Regierung gelänge, dass ein Haus nicht mehr eine halbe Million, sondern nur noch die Hälfte davon kosten würde (und das geht), dann wäre das Potenzen mehr wert. Allerdings müssten wir davon absehen das Sparen von Energie zu einer Ersatzgottheit zu verklären und auch mal hinnehmen, dass in einem Straßenzug nicht alle Häuser sich gleichen wie ein Ei dem anderen (bei Licht betrachtet vielleicht gar keine schlechte Idee). Und wir müssten uns Gedanken dazu machen, dass Kommunen ihre Ineffizienz nicht hinter Grundstücksspekulation verbergen sollten. So gesehen auch nicht falsch.

Llarian


© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.